Rinderrazzia: Steuerzahler sollen vorerst mit 102.000 € in die Breche springen

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Foto: privat

Grimma/Großbardau/Borna. Für Montag hat der Landkreis die Kreisräte zu einer Sonderkreisausschusssitzung eingeladen. Gegenstand: Bereitstellung außerplanmäßiger Mittel für die Durchführung einer Ersatzvornahme des Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramtes – LÜVA – hier: Auflösung des Tierbestandes in Großbardau.

Die schwer kritisierte behördliche Maßnahme welche im Juni die Auflösung des Rinderbestandes von Arnd Viehweg beinhaltete kostet Geld und zwar so richtig. In der Beschlussvorlage heißt es: Der Kreisausschuss beschließt
die Bereitstellung außerplanmäßiger Aufwendungen in Höhe von 102.000,00 EUR. Begründet wird das Ganze wie folgt: „Aufgrund einer Vielzahl an veterinärrechtlichen Verstößen, der Nichtdurchführbarkeit von Kontrollen der Tierhaltung im November 2015 und April 2016 sowie der bei einigen Tieren nachweislich fehlerhaften Identität wurde der Rinderbestand des Tierhalters mit Bescheid vom 29.04.2016 vollständig gesperrt. Dem Tierhalter wurden Kontrollen angeordnet, bei denen er die Ablesung der Ohrmarken aller Rinder zu gewährleisten hatte. Zusätzlich wurde der Tierhalter aufgefordert, eine eindeutige Identifizierung aller am Standort gehaltenen Tiere zu gewährleisten und dem LÜVA glaubhaft zu belegen. Aufgrund der Historie wurden für den Fall, dass diese Beauflagungen nicht erfüllt werden, die Ersatzvornahme durch die zuständige Behörde (hier: Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramt Landkreis Leipzig) angedroht. Dieser Bescheid unter Androhung des Zwangsmittels der Ersatzvornahme war notwendig, da es sich bei Kontrollen von Rinderhaltungen um weisungsgebundene Pflichtaufgaben nach SächsAGTierGesG, SächsAGTierSchG und Heilb-ZuG handelt. Da auch zu den festgesetzten Terminen (10.05.2016 und 13.05.2016) eine Kontrolle der Tierhaltung nicht wie angeordnet möglich war, musste die angedrohte Ersatzvornahme durch das LÜVA geplant und durchgeführt werden. Als geeignet wurde die Firma VETCON befunden, deren Angebot bzgl. der Maßnahme dem Landkreis Leipzig am 08.06.2016 final vorlag.

Den Vorwürfen widerspricht der Tierhalter und wehrt sich gerichtlich gegen die Maßnahme. Eine Entscheidung darüber muss das Verwaltungsgericht Leipzig noch fällen, wann ist derzeit allerdings unklar. „Aufgrund der Eilbedürftigkeit und Unabweisbarkeit der Durchführung der Maßnahmen wurde die Bereitstellung überplanmäßiger Mittel in Höhe von 75.000,00 Euro netto zuzüglich 19 % Umsatzsteuer (insgesamt 89.250,00 EUR) im Wege der Eilentscheidung nach § 48 Abs. 4 SächsLKrO durch den Landrat beschlossen, ohne den gemäß Hauptsatzung § 7 (2) erforderlichen Beschluss herbeigeführt zu haben.“ erklärt sich das Landratsamt.

Weiter heißt es: „Entsprechend der Ladungsfristen der Hauptsatzung i.V.m. der Geschäftsordnung des Kreistages wäre eine Eilsitzung des Kreisausschusses frühestens am 13.06.2016 möglich gewesen. Da die Maßnahme ab dem 20.06.2016 stattfand und hierzu vorher die Firma gebunden werden musste, war eine Eilentscheidung des Landrates notwendig. Auf Grund zusätzlicher Arbeiten, die in der Rechnung ausgewiesen wurden, hat der Landkreis Leipzig nunmehr 103.934,60 EUR brutto zu zahlen. Da dieser Betrag nicht mehr von der Eilentscheidung
gedeckt ist und die Gründe nach § 48 (4) SächsLKrO für eine Eilentscheidung nicht vorliegen, hat der Hauptausschuss über die Bereitstellung der Mittel zu entscheiden.
Der Landkreis Leipzig will das Ganze dann bei Viehweg wieder geltend machen.

Warum der Landkreis nun aufs Tempo drückt und nicht die Entscheidung des Gerichts abwartet könnte ein Blick auf die Homepage der „Spezialfirma“ beantworten, demnach wird im Passus „Abrechnung von Maßnahmen in der Tierseuchenbekämpfung“ folgendes erklärt.
„Durch die betriebsspezifische Bündelung der in der Tierseuchenbekämpfung relevanten Dienstleistungen Räumung, Tötung, Reinigung, Desinfektion und Schädlingsbekämpfung aus einer Hand durch die Firma …., wird die Abrechnung dieses Gewerkes in Kilogramm getötetem Tiergewicht auf ein minimales zeitliches Maß reduziert. Unmittelbar nach dem Töten und Verwiegen kann am gleichen Tag die Abrechnung erfolgen.“  Am Montag haben die Kreisräte abzustimmen
 

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