Goldene Henne: Darum hat das „Dorf der Jugend“ diesen Preis verdient!

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Foto: Sรถren Mรผller

Grimma/Leipzig. Das Projekt โ€žDorf der Jugendโ€œ, welches in der alten Spitzenfabrik an der Mulde lรคuft, wurde kรผrzlich รผberraschend mit der Goldenen Henne ausgezeichnet. Doch, um was geht es eigentlich bei diesem Projekt und wie viel Nachhaltigkeit steckt dahinter? Wir sind den Fragen auf den Grund gegangen.

Bei der Verleihung der โ€žGoldenen Henneโ€œ in Leipzig wurde das Projekt โ€žDorf der Jugendโ€œ von Initiator Tobias Burdukat, seines Zeichen Sozialarbeiter der Diakonie im Landkreis und Stadtrat in Grimma, mit dem Charity-Preis bedacht. Die vom Ostdeutschen Sparkassenverband gestiftete โ€žCharity-Henneโ€œ ist mit 25.000 Euro dotiert. Marius Mรผller-Westernhagen, der die Laudatio auf der Neuen Messe in Leipzig hielt, legte noch einmal 5000 Euro oben drauf.

Das Projekt rund um die Alte Spitzenfabrik, welche 1907 in Betrieb ging, will Jugendliche an Stadtentwicklungsprozessen beteiligen und die vorhandenen Strukturen von Kultur und Jugendarbeit im lรคndlichen Raum weiterentwickeln.
Seit 2014 bemรผht sich Burdukat um die Nutzung des alten Fabrikgelรคndes. Die Vision damals: โ€žIch wรผnsche mir, dass die Spitzenfabrik, ein sich selbst tragendes, energieautarkes Zentrum mit Werkstรคtten, Galerien, Proberรคumen und vielem anderen mehr wird, in dem Jugendliche ihre eigenen Ideen entwickeln und umsetzen kรถnnenโ€œ

Der Grundgedanke sei, dass man Jugendlichen im lรคndlichen Raum etwas bieten mรผsse um einen Wegzug zu vermeiden, denn viele Jugendliche zieht es nach der Schule in die grรถรŸeren Stรคdte. Die Bindung zum Projekt ist Burdukat wichtig. So werden die derzeit etwa 20 Jugendlichen in alle Ablรคufe eingebunden und die Ablรคufe haben es in sich. Bรผrokratiehรผrden mรผssen รผberwunden werden, Kompromisse geschlossen werden. Alles geschieht immer gemeinsam, jede Entscheidung wird gemeinsam getroffen.

Um das Gelรคnde รผberhaupt nutzbar zu machen ist es ein langer Weg den alle gemeinsam gehen mรผssen und wollen. So kommen die Jugendlichen sehr frรผh mit den baurechtlichen Anforderungen in Kontakt. Kosten fรผr Bauantrรคge, Gutachten und Sanierungsarbeiten mรผssen kalkuliert werden und vor allem auch generiert werden. So wurde in den vergangenen Monaten eine Fahrradwerkstatt erรถffnet. Dort reparieren sie Rรคder fรผr Jedermann. Eine Kooperation wurde dazu mit einem Radtechnikhandel aus Markkleeberg geschlossen. AuรŸerdem hat das Containercafe nun regelmรครŸig geรถffnet. Das war das erste Projekt welches abgeschlossen wurde. รœber Monate wurden Spenden gesammelt, Workshops besucht und natรผrlich die Ausbildung der Jugendliche vorangetrieben, denn alle mรผssen einen Gesundheitspass haben. Das gilt eben auch bei solchen Projekten.

Burdukat: โ€žDas Ganze ist immer ein Lernprozess aller Beteiligten, auch fรผr mich.โ€œ Das Team um das Projekt โ€žDorf der Jugendโ€œ hat noch groรŸe Plรคne, so kรถnnte eines Tages ein Hostel erรถffnet werden. Fรผr das Team gibt es keine abgeschlossene Sanierung der Spitzenfabrik. โ€žDas Projekt soll auch fรผr nรคchste Generationen von Jugendlichen immer ein Anlaufpunkt sein um sich zu verwirklichen oder Ideen umzusetzen, daher ist der Weg das eigentliche Ziel.โ€œ

Im konstruktiven Gesprรคch ist er auch immer wieder mit dem Bauordnungsamt des Landratsamtes und der Stadt Grimma, um fรผr Teilbereiche wie z.B. den Hof, des Fabrikgebรคudes und das Erdgeschoss des Verwaltungsgebรคudes eine Teilnutzungsgenehmigung zu erhalten. Doch bis dahin gibt es noch eine Menge zu tun. โ€žWir brauchen Handwerker und Heimwerker aller Art, die ehrenamtlich Jugendliche anleiten kรถnnen โ€“ vor allem Maurer, Maler, Tischler, Elektriker, Schlosser, Klempner und Trockenbauโ€œ, wirbt er.

Burdukat Spitzenfabrik 9508 Foto Kube

Foto: Die alte Spitzenfabrik ist das „Dorf der Jugend“ Foto Thomas Kube

Die ehemalige Produktionshalle muss durch eine Brandschutzmauer abgeteilt werden wenn dort der geplante Veranstaltungsraum entstehen soll, der fest im Plan steht. Dafรผr soll das Geld aus der Preisverleihung helfen. โ€žWir werden zwar dankenswerterweise durch Firmen, Architekten und Ingenieure auch ehrenamtlich unterstรผtzt aber um die Antrรคge und Gutachten kommen wir nicht drum herum und die kosten mehrere Tausend Euro.“

Zum Thema Hochwasser ist er gelassen: Obwohl die ehemalige Spitzenfabrik an der Mulde liegt, sieht er keine Probleme bei Hochwasser. โ€žDie Fabrik ist damals auf Sรคulenfundamenten errichtet worden, da man mit รœberschwemmungen gerechnet hatte und das tun wir in allen Ablรคufen ebenfallsโ€œ, erklรคrt er. Ein weiteres Ziel ist es, die Spitzenfabrik wirtschaftlich so aufzustellen, dass sie sich selber trรคgt. Auch das ist fรผr die Jugendlichen wieder ein Lernprozess im Bereich der Wirtschaft. Buchhaltung, Bรผroorganisation etc. sind dabei wichtige Grundlagen die ihnen vermittelt werden.

 Schon jetzt wird das โ€žDorf der Jugendโ€œ fรผr zahlreiche Veranstaltungen, Kurse und Workshops z.B. zum Thema โ€žBauplanung und Bauantragโ€œ mit dem Bauamt genutzt und zeigt auf welche Mรถglichkeiten hier noch schlummern.

รœbrigens: Die Delegation des โ€žDorf der Jugendโ€œ wurde nach eigenen Erzรคhlungen zur Preisverleihung eingeladen, weil das Projekt als Beitrag im Bereich โ€žSoziale Projekteโ€œ eingespielt werden sollte um Spenden zu akquirieren, das die Jury das Projekt fรผr eine โ€žGoldene Henneโ€œ vorgesehen hatte wusste niemand. Die รœberraschung war perfekt und verdient. Zahlreiche Likes und Kommentare auf unserer Seite unterstreichen das.