LKA-Schlag gegen die „Underground Economy“

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Dresden. In einem bei der Staatsanwaltschaft Dresden anhängigen Verfahren wurden vom 10. bis 12. November 2015 in vier Bundesländern (Hessen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Berlin u. A. in den Städten Frankfurt am Main, Neustadt a.d.W. und Berlin) sowie in weltweit 17 weiteren Ländern (Europa sowie Nord- und Mittelamerika) Durchsuchungen durchgeführt, Konten beschlagnahmt und sonstige Vermögenswerte sichergestellt.

Die fünf Beschuldigten wurden am 10. November 2015 in Frankfurt am Main, Berlin und Neustadt an der Weinstraße festgenommen und dem Haftrichter in Dresden vorgeführt. Die Haftbefehle wurden zwischenzeitlich in Vollzug gesetzt. Die drei männlichen Beschuldigten sind 32, 41 und 28 Jahre alt und deutscher, russischer bzw. ukrainischer Staatsangehörigkeit. Zwei weibliche Beschuldigte sind 25 und 30 Jahre alt und russischer bzw. deutscher Staatsangehörigkeit.Die Staatsanwaltschaft Dresden ermittelt zusammen mit dem Cybercrime Competence Center (SN4C) des Landeskriminalamtes Sachsen und der Polizeidirektion Dresden wegen schwerer Geldwäsche, gewerbsmäßigen Betrugs und gemeinschaftlicher Urheberrechtsverletzungen.

Ausgangspunkt der Ermittlungen waren Anzeigen in ganz Deutschland zu sogenannten Phishing-Anrufen bei Ausgabestellen von Zahlungskarten-Vouchern (Codes) für Onlinebezahlsysteme.

Die Beschuldigten stehen im Verdacht durch manipulierte Telefonanrufe bei Tankstellen und Lottogeschäften eine hohe Anzahl dieser Zahlungskarten-Codes erlangt zu haben und über ein im Internet betriebenes Portal, welches auf einem eigens dafür eingerichteten Server betrieben wurde, in kürzester Zeit (um eine Sperrung der Codes unmöglich zu machen) eingelöst zu haben. Die Urheberrechtsverletzungen betreffen die gewerbsmäßige und mehrfache Veräußerung rechtswidrig erlangter Software-Lizenzen.

Nach den bisherigen Ermittlungen diente ein von den Beschuldigten geschaffenes Servernetzwerk als „Wechselstube“, welche auch anderen Straftätern der sog. „Underground Economy“ die anonyme Verwertung inkriminierter Zahlungskartencodes ermöglichte. Die Beschuldigten stehen daher im Verdacht, so in den Besitz von Tausenden aus Straftaten stammenden Zahlungskarten-Codes gelangt und durch deren Verwertung, Erlöse von mehreren Millionen Euro erzielt zu haben.Derzeit erfolgt die Auswertung zahlreicher beschlagnahmter Datenträger. Die Sicherung weiterer Vermögenswerte dauert an.

Die Ermittlungen wurden durch eine umfassende Mitwirkung der betroffenen Bezahldienste unterstützt. Das stellt einen elementaren Ermittlungsschritt in den Bereich der „Underground Economy“ hinein dar.

FAQ:
Phishing ist der Versuch, mittels gefälschter Webseiten, E-Mails, Anrufe oder Kurznachrichten an die persönlichen Daten eines Benutzers zu gelangen. Ziel ist es, unter Ausnutzung der Gutgläubigkeit der Opfer, sich mit den erhaltenen Daten einen Vermögensvorteil zu verschaffen und der Person entsprechend zu schaden. Im vorliegenden Verfahren sollen mittels Telefonanrufen die PIN-Codes von anonymen elektronischen Zahlungsmitteln erlangt worden sein.

Ausgabestellen von Zahlungskarten-Vouchern
Weltweit gibt es 500 000 Verkaufsstellen in denen man Zahlungskarten-Voucher erhalten kann, wie bspw. Supermärkte, Kiosk, Tankstellen. Ein Voucher ist ein geldwerter Gutschein, der zum Konsum der darauf festgehaltenen Leistungen berechtigt. Im vorliegenden Fall sollen es meist Voucher im Wert von 100 Euro gewesen sein. Die Verkaufsstellen sind im Besitz des erforderlichen Terminals, mit welchem die Karten-Codes generiert werden. Nach dem Kauf können diese online zum Bezahlen genutzt werden.

Onlinebezahlsystem
Dabei handelt es sich um ein System, welches die Möglichkeit bietet, bargeldlos online bezahlen zu können.

im Internet betriebenes Portal
Hierbei handelt es sich um einen zugangsgeschützten Bereich auf einem Server/Netzwerk, bei welchem eine Anmeldung erforderlich ist. In diesem Fall soll das Portal zur Abwicklung, Verwaltung und Verwertung von Zahlungskarten-Vouchern genutzt worden sein.
Es soll auch dafür eingesetzt worden sein, die Abwicklung und Verwertung teilweise automatisiert vorzunehmen.

Servernetzwerk
Ein Servernetzwerk bietet die Möglichkeit, Aufgaben und Dienstleistungen innerhalb eines Netzwerkes zu verteilen. Diese Aufgaben werden durch entsprechende Programme übernommen.

Underground Economy
Dabei handelt es sich um eine Art „Schwarzmarkt“. Dort werden Waren widerrechtlich angeboten. Da es sich um illegale Transaktionen handelt, sind die Täter gezwungen, den Betrieb außerhalb der formellen Wirtsschaft anzubieten.

Anonyme Verwertung inkriminierter Zahlungskartencodes
Zahlungskarten werden unter Verwendung von Proxy-Servern anonym und unter Verwendung falscher/gestohlener Identitäten an Zahlungsdienstleister und Onlineplattformen veräußert, wo wiederum andere virtuelle Währungen (wie z.B. für Internet-Telefonie oder für Online-Händler) und Dienstleistungen erworben werden können. Die erworbenen virtuellen Währungen und Dienstleistungen sollen über eigens betriebene Onlineshops/Domains an Kunden veräußert worden sein.Proxy Server
bieten Kommunikationsschnittstellen in Netzwerk an. Ein Proxy-Server arbeitet als Vermittler, der auf der einen Seite Anfragen entgegennimmt, um dann über seine eigene Adresse eine Verbindung zur anderen Seite herzustellen. Dadurch können Proxy Server zur Verschleierung von IP-Adressen genutzt werden.

IP-Adresse
Eine IP-Adresse ([IP=Internetprotokoll] – Adresse in Computernetzen) wird Geräten zugewiesen, die an ein Netzwerk angebunden sind und macht die Geräte adressierbar und erreichbar.

Quelle: LKA