Grimma will seine Gewässer ordnen und nachhaltig entwickeln

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Grimma. Wer in den letzten Wochen aufmerksam am Mutzschener Wasser und an der Launzige unterwegs war, wird sie gesehen haben – die fleißigen Mitarbeiter des Grimmaer Landschaftspflegeverbandes (LPV).

Sie haben Arbeiten ausgeführt, die so in den letzten dreißig Jahren an unseren Gewässern nur selten geleistet worden sind: Weiden verschneiden und aus dem Weichholz Setzstangen und Setzhölzer (u.a. als Buhnen) fertigen und einbauen usw. Vorausgegangen waren diesen Aktionen monatelange Untersuchungen des von der Stadt Grimma beauftragten Landschaftsplanungsbüros Dr. Stowasser aus Radebeul, das sich mit den sieben größten der sogenannten Gewässer II. Ordnung beschäftigt hat. Während der Freistaat Sachsen per Gesetz für die Gewässer I. Ordnung, d.h. in unserem Territorium für die Mulde, die Parthe und die Döllnitz zuständig ist, hat die Gemeinde die Unterhaltspflicht für alle übrigen Gewässer. Die erwähnten sieben größten hier sind die Launzige, das Mutzschener Wasser, der Tannickenbach, der Thümmlitzbach, der Fritzschenbach, der Schaddelgraben und der Kranichbach. Rund um diese und auch die weiteren vielen kleineren Gewässer stehen zwei große Aufgabenkomplexe vor den Kommunen:

a) die Herstellung eines „guten Gewässerzustandes“ entsprechend der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie
und

b) der Hochwasserschutz.

Die gesetzlichen Grundlagen bilden das Wasserhaushaltsgesetz des Bundes und das Sächsische Wassergesetz. Die in den letzten Monaten erfolgten Erfassungen und Planungen umfassen die Abschnitte an den Gewässern II. Ordnung, für die das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie seit der Wiedervereinigung Schritt für Schritt Gewässerdaten erfasst und fortgeschrieben hat. Das sind Beschreibungen und Messungen wichtiger gewässerspezifischer Indikatoren, wie z.B. die chemische Zusammensetzung des Wassers, der Nährstoffgehalt oder das Vorhandensein von Kleinstlebewesen. In Abschnitten zu je 500 Metern liegen damit umfangreiche Beschreibungen vor, die die Planer mittlerweile mit Empfehlungen hinterlegt haben, wie sich diese Gewässerabschnitte sinnvollerweise weiterentwickeln sollten. Diese Entwicklung soll sich dabei mit Blick auf die Güte im und am Gewässer sowie auf den Hochwasserschutz an so vielen Stellen wie möglich durch die Rück-Besinnung auf die natürlichen Grundlagen der Gewässer vollziehen. Die Entwicklung hin zu wieder mäandrierenden Gewässern, zu gewässerbegleitenden Gehölzstrukturen, zur (Teil-) Wieder-Vernässung von gewässernahen Bereichen ist dabei nicht nur ein Gebot ökologisch verantwortlichen Handelns, sondern auch ein Gebot wirtschaftlicher Vernunft. Ein immer weiterer technischer Gewässerausbau als Kanal mit Deichen und Rückhaltebecken ist teuer und in der Unterhaltung auf die Dauer von den Kommunen nicht leistbar. 

Nachhaltige Gewässerentwicklung wird deshalb immer versuchen, zumindest außerhalb der unmittelbaren Siedlungsbereiche die natürlichen Grundlagen wiederherzustellen bzw. deren Entwicklung durch zum Teil einfache Maßnahmen zu befördern. In Grimma wollen wir diesen Weg in den kommenden Jahren beginnen zu gehen, wissend, dass dies eine Aufgabe von Generationen sein wird. Die Kanalisierung und vermeintliche „Bändigung“ der Fließgewässer, die wir heute als Irrweg erkennen, hat sich über Jahrhunderte vollzogen. So wird eine behutsame Rückentwicklung ebenso nicht im Verlaufe nur einer Generation zu bewerkstelligen sein. Dabei bitten wir alle Bürger im Territorium um ihr Verständnis und ihre Mithilfe. Und wir bitten auch um Verständnis, dass wir in so kurzer Zeit noch nicht alles erfasst und schon gar nicht alles gelöst haben. So umfassen die bisherigen Untersuchungsergebnisse zunächst nur die Hauptgewässer. Die vielen Zuflüsse sind bisher noch nicht betrachtet worden. Überwiegend nicht betrachtet sind auch die vielen im Zuge des Meliorationsprogramms der DDR verrohrten Abschnitte und auch die Probleme des „wild abfließenden“ Oberflächenwassers. „Wie gesagt: Es wird viele Jahre dauern, bis wir alles erfasst und dokumentiert haben. Und es wird noch viel länger dauern, bis alles so ‚gemacht‘ ist, dass wir all unseren Gewässern einen ‚guten Zustand‘ bescheinigen lassen können“, so Jochen Lischke, Amtsleiter Stadtentwicklung. Gegenwärtig haben wir aus einer Liste von fast sechzig wichtigen Einzelmaßnahmen zehn als prioritär vorgeschlagen. Darüber soll in den städtischen Gremien diskutiert werden. Wir gehen davon aus, dass wir im Jahr 2016 mit einer oder zwei Maßnahmen beginnen können, sofern es gelingt, die erforderlichen Planverfahren (Planfeststellungsverfahren oder Verfahren nach dem Wasserrecht) zügig abzuschließen. Und dann müssen auch noch die Fördermittel beantragt und bewilligt sein. Inzwischen werden wir selbstverständlich versuchen, so viele Gewässerabschnitte wie möglich im Rahmen der Gewässerunterhaltung zu verbessern. Und da werden Sie wieder auf die Leute vom LPV Muldenland stoßen, die in den nächsten Jahren das tun werden, was an den Gewässern ohne Planverfahren und ohne Fördermittel möglich und nachhaltig sinnvoll ist. Und nach und nach werden wir in den Ortschaften unsere Erkenntnisse, Vorschläge und Planungen vorstellen und insbesondere auch das Gespräch mit den Grundstücksanliegern und den Landwirten suchen. Spannende Aufgaben und Zeiten liegen vor uns!

 

Quelle: PM Stadt Grimma