Barrierefreiheit: Sind Leipzigs Bahnhöfe auf Menschen mit Handicap eingestellt?

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Symbolbild/pixabay

Inklusion ist in Leipzig grundsätzlich längst kein Tabuthema mehr. Dennoch stoßen körperlich eingeschränkte Menschen immer wieder an Grenzen, gerade im Bereich des Personentransport- und Verkehrswesens. Barrierefreiheit wird groß geschrieben, doch sind Leipzigs Bahnhöfe auf Menschen mit Handicap eingestellt?

Ende 2021 lebten rund 55.710 Schwerbehinderte in der Stadt Leipzig, und damit etwa 3000 mehr als noch 2019. Aus der statistischen Erhebung des Statistischen Landesamtes für den Freistaat Sachsen geht weiterhin hervor, dass gerade in Leipzig ein überproportionaler Anstieg der Schwerbehinderung bei Menschen ab 60 Jahren zu verzeichnen ist. Der demografische Wandel wirkt sich demnach auch in diesem Bereich sehr stark aus. Deswegen kommt der Barrierefreiheit im öffentlichen Raum eine immer größere Bedeutung zu. Insbesondere dort, wo Menschen mit körperlichen Einschränkungen möglichst problemlos von A nach B kommen müssen: auf Bahnhöfen.

Barrierefreiheit auf Bahnhöfen – was gehört dazu?
Die Barrierefreiheit auf Bahnhöfen umfasst eine Vielzahl von besonderen Ausstattungsmerkmalen. Damit soll allen Reisenden, insbesondere aber Menschen mit Handicap, der Zugang sowie die Nutzung der Bahnhöfe und Haltepunkte uneingeschränkt gewährleistet werden. Schließlich sollen ja auch behinderte Menschen aktiv am Leben teilnehmen können.

Matthias Korn von Treppenlift Sachverständiger aus Leipzig sagt: “Rollstuhlfahrer oder Menschen mit Gehhilfe stoßen außerhalb der eigenen vier Wände schnell an Grenzen, wenn Rampen oder Aufzüge fehlen oder Zugänge nicht behindertengerecht konzipiert sind.”

Doch wodurch werden beispielsweise Bahnhöfe für die jeweiligen Menschen mit Behinderung barrierefrei?

Menschen mit einem körperlichen Handicap profitieren von:

  • Stufenfreien Zugängen – Bahnsteige sind entweder mit Aufzügen oder über Rampen erreichbar
  • Bahnsteighöhen von 55 cm – gewährleisten einen einfachen und leichten Ein- und Ausstieg, sofern ein Zug mit gleicher Einstiegshöhe eingesetzt ist

Vorteilhaft für sehbehinderte Menschen sind:

  • Lautsprecheranlagen – oder Akustikmodule stellen Informationen zur Zugverbindung akustisch bereit
  • Taktile Wegeleitsysteme und Handlaufschilder – bieten beispielsweise in Form von Relief-Bodenplatten und anderen Elementen eine Orientierungshilfe auf dem Weg zum Bahnsteig
  • Taktile Blindenleitstreifen – gewährleisten auf dem Bahnsteig den sicheren Abstand zum GLeisbett
  • Kontrastreiche Treppenstufen-Markierung – sind mindestens auf der ersten und letzten Stufe erforderlich, um durch den starken Hell-Dunkel-Kontrast das sichere Begehen der Treppe zu gewährleisten

Gehörlose und Menschen mit eingeschränkter Kommunikationsfähigkeit werden unterstützt durch:

  • Zuganzeigen – womit  wichtige Informationen rund um die Zugverbindung visuell dargestellt werden

Zusätzlich sorgen Automatiktüren oder breite und leicht zu öffnende Flügeltüren für einen barrierefreien Zugang zum Bahnhofsgebäude. Die Deutsche Bahn ist außerdem darum bemüht, mobile Rampen oder Hublifte sowie erfahrenes Personal bereitzuhalten, wo der ungehinderte Ein- und Ausstieg nicht möglich ist.

Der Pflegeberater Andreas Voss weiß, dass Menschen mit Handicap auf Bahnhöfen und anderswo schnell durch die baulichen Gegebenheiten behindert werden. Er sagt: “Diejenigen, die eine Betreuung durch die 24 Stunden Pflege Leipzig in Anspruch nehmen, haben mitunter weniger Probleme im Alltag, denn die Pflegenden können beispielsweise auf dem Weg zum Arzt dort unterstützen, wo die Barrierefreiheit nicht vollständig gegeben ist.”

Leipzigs Bahnhöfe und Haltepunkte: Wie sind sie ausgestattet?
In Leipzig entsprechen die Bahnhöfe weitestgehend den Anforderungen für Barrierefreiheit. Dennoch gibt es noch einige Haltepunkte und Bahnsteige, die bis jetzt nicht optimal an die Bedürfnisse von Menschen mit Handicap angepasst sind. So haben die Haltestellen Leipzig-Markt, Leipzig-Nord sowie Leipzig-Miltitzer Allee keinen Aufzug.

Die Gleise 6 bis 20 des Hauptbahnhofes besitzen nicht die erforderliche Bahnsteighöhe von 55 cm, sondern sind 76 cm hoch. Zudem sind die Bahnsteige 6 und 7 derzeit noch nicht mit taktilen Handlaufschildern ausgestattet und die Treppenaufgänge besitzen keine Treppenstufen-Markierung.

Der Bahnhof Leipzig-Paunsdorf ist derzeit nicht mit einem taktilen Wegeleitsystem zum Bahnsteig ausgestattet.

Im Idealfall informieren sich Reisende über die Ausstattung am jeweiligen Bahnhof bei der Deutschen Bahn. Dort werden für jeden Leipziger Bahnhof sowohl die Ausstattungsmerkmale angezeigt als auch die aktuelle Funktionstüchtigkeit der Aufzüge.

Für Menschen mit Handicap ist Barrierefreiheit an Leipzigs Bahnhöfen unglaublich wichtig, um aktiv am Leben teilhaben zu können. Immerhin hat die Deutsche Bahn seit 2010 sehr aktiv etwas dafür getan. So sind beispielsweise 87 Prozent der deutschen Bahnhöfe mittlerweile mit Aufzügen oder Rampen ausgestattet. Die Ausstattung mit taktilen Orientierungshilfen hat sich in den letzten Jahren um 27 Prozent erhöht. Auch wenn es noch nicht überall zu 100 Prozent optimal läuft, weil zum Beispiel Aufzüge nicht funktionieren – alles in allem kann man sagen: Wir sind auf einem guten Weg!