Wenn Rahel Bruns aus Kunst Kunst macht – Graffitis in der Ausstellung Kunstreich 2017

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Foto: Detlef Rohde

Grimma. Es klingt widersprüchlich und das ist es auch und nur so kann man beschreiben, was viele Grimmaer am Donnerstagmorgen am Bahnhof erlebten.

Dabei liegen die Anfänge der „Baumaßnahme“ bereits im August des vergangenen Jahres, als Ute Hartwig-Schulz mit einigen Künstlerinnen mit Oberbürgermeister Matthias Berger die Projekte des Künstlergutes für 2017 absprach. Ganz beiläufig fragte die Hamburger Künstlerin Rahel Bruns (37) den OBM, ob sie die mit Graffiti bemalten Platten von den Fenstern des Oberen Bahnhofes bekommen könne. Matthias Berger stimmte zu und bot seine Unterstützung an.

Jetzt sieben Monte später tauschte Rahel Bruns die Platten mit tatkräftiger Unterstützung von zwei Gesellen des Höfgener Malerbetriebes Bernd Aurig aus, um sie als Installation in die Ausstellung Kunstreich 2017 des Künstlergutes Prösitz zu integrieren.

 Jochen Bornmann (li) und Jörg Tietze (re) sind Gesellen bei Malermeister Aurig, Rahel Bruns (mi) ist die Künstlerin

Was veranlasst eine Künstlerin, die Malereien anderer in ein Kunstwerk einzubinden? Rahel Bruns hat darauf eine eher philosophische Antwort:

„Für mich ist ganz stark die Frage da, wer ist der Künstler, was ist Hochkultur, wo beginnt Vandalismus, gibt es da eine Grenze und viel wichtiger noch, woher kommt dieses weltweite ureigene Bedürfnis des Menschen ein Zeichen zu hinterlassen? Also seine eigene Existenz in Formen oder in Farbe künstlerisch zu hinterlassen? Ob als Herz in einem Baum, oder ein ich war hier, also ein Zeichen, was über die eigene Existenz hin, auf Dauer sichtbar ist. Das ist Kunst und das haben wir bei einem Graffiti ja auch, wobei da noch hinzukommt, dass ein Graffiti mit einem gestalterischen Willen entstanden ist, zumindest zum Teil. Wenn da F.. dich draufsteht, ist es keine Kunst, aber viele der Gaffitis sind mit einer ausgereiften Handschrift versehen und diese Graffitis vom Bahnhof in die Ausstellung zu holen, ist so ein Akt, mit der Frage, wer ist der Künstler, was ist zweckfreies Gestalten? Denn das unterscheidet uns maßgeblich von allen anderen Säugetieren,“ so Rahel Bruns.

Dann spielt sie auf die Werbung an, mit der wir an jeder Ecke überschüttet werden und wo niemand gefragt wird, ob die Menschen das wirklich wollen. Die Künstlerin sieht in der Masse der Werbung eher eine Stadtverschmutzung. Für junge Menschen sieht sie Graffitis eher als ein Ventil des persönlichen Ausdrucks, also dem eigenen Dasein einen Ausdruck zu verleihen.

„Die Jugendlichen sprayen halt, könnten aber alternativ auch anderen die Köpfe einschlagen. Es sind Jugendliche und die sind erst einmal ziellos und wenn sie dann los ziehen und etwas gestalten, dann finde ich das gut!“

Rahel Bruns hofft, dass die Installation mit den Graffitis von den Grimmaern angenommen wird und zu Diskussionen führt. Insgeheim hofft sie aber auch, dass sich vielleicht der eine oder andere Sprayer bei ihr outet, da man dann auch gemeinsam etwas machen könnte.

Die Ergebnisse dieser und anderer Arbeiten können ab Samstag um elf Uhr in der Rathausgalerie in Grimma betrachtet werden und sind bis zum 6. Mai zu sehen.

Text und Fotos Detlef Rohde