Zoff um Millionenprojekt

0
4702
Foto: Sören Müller

Grimma. Nach wie vor erhitzt das Millionenprojekt „Sportzentrum Husarenkaserne“ die Gemüter. Die Stadtratfraktion „Die LINKE“ legt jetzt mit einer Pressemitteilung nach und sorgt für Unverständnis bei Johannes Heine, Fraktionsvorsitzender der „Freien Wähler“ im Stadtrat.

 

Mit einer Pressemitteilung macht sich „Die LINKE“ aktuell Luft.

In Grimma würden kulturelle Einrichtungen wegen der Haushaltsschieflage geschlossen werden, teils wegen „lächerlichen Summen“, wie beim Beispiel des Begegnungshauses der Senioren in Golzern, heißt es in der Mitteilung.
Als „Harakiri“ wird die Prioritätensetzung in der Haushaltspolitik bezeichnet.

„Das Paradoxon Bergerscher Haushaltspolitik“ nennt die Fraktion den Umgang mit den „Sparzwängen“ im Zuge der Haushaltskonsolidierung in ihrer Mitteilung.

„Zum Beispiel soll das Dorfgemeinschaftshaus in Golzern geschlossen werden, um jährlich 900€ zu sparen. Auf der anderen Seite scheint aber genügend Kapital vorhanden zu sein, um Millionenschwere Prestigeträchtige Bauvorhaben, wie die Verlegung der Stadien an die Husarenkaserne durchzuführen“ erklärt Jörg Diecke (Fraktionsvorsitzender der Linksfraktion im Stadtrat).

„Herr Dossin erläuterte in der LVZ vom 09. Februar sehr gut, wie eng die Verlegung der Stadien und der Neubau des REWE Marktes miteinander verwoben sind. Was er allerdings verschweigt ist, dass die Finanzierung noch nicht auf sicheren Füßen steht“ so Diecke weiter.

Die Verlegung der Stadien, solle inklusive Teilrückbau des Stadions der Freundschaft mindestens 5 Mio. € kosten. Finanziert durch Fördermittel (3,2 Mio. €) und dem Verkauf des Flurstückes, auf dem sich noch das Jahn Stadion befindet (1,6 Mio. €). Dort soll den Plänen nach ein REWE-Markt entstehen. „Hier ergeben sich aus unserer Sicht eine Menge Probleme, die von der Stadtverwaltung und ihren Getreuen im Stadtrat, in der öffentlichen Debatte bisher nicht thematisiert worden sind“ meint Kerstin Köditz (DIE LINKE).

„Paradox erscheint besonders, dass die Stadt die Verlegung der Stadien mit einer akuten Hochwassergefahr begründet, aber offenbar kein Problem darin sieht, an gleicher Stelle einen Supermarkt zu errichten.“ Der Kaufpreis für das Grundstück würde außerdem erst fällig, sobald eine Baugenehmigung für den REWE erfolge. Dass diese erteilt werden würde sei den Schilderungen der Fraktion „Die LINKE“ unwahrscheinlich, da nach sächsischem Recht keine Neubauten in hochwassergefährdeten Gebieten erfolgen dürften. Wäre allerdings die Schutzmauer vollendet, so entfalle das Hochwasserrisiko für die Stadien.

“Das stellt ein Problem dar, da die Fördermittel zweckgebunden sind. Entfällt mit der Hochwassergefahr der Zweck für die Verlegung der Stadien, könnte dies zu einer zu einer Rückforderung der Fördermittel nebst Zinsen führen. Für uns ist das in der ohnehin schon angespannten Haushaltssituation ein unkalkulierbares finanzielles Risiko, welches wir in dieser Form nicht mittragen können!“ erklärt Köditz.

Bereits jetzt stehe fest, dass die Böden an der Husarenkaserne mit Schadstoffen belastet seien, weshalb dort das Grundwasser nicht zur Bewässerung des Rasens im neuen Stadion genutzt werden dürfe. „Hierdurch wird ein aufwendiges Bewässerungssystem notwendig, welches die Betriebskosten für die Sportanlagen in die Höhe treibt“ zeigt sich Köditz besorgt.

Nach ersten Schätzungen würden dadurch die Betriebskosten für die Stadionanlagen von derzeit ca. 200.000 € im Jahr auf 300.000 € steigen. „Bisher wurde uns noch nicht erklärt, wer für diese gestiegenen Kosten aufkommt“ gibt Köditz zu bedenken.

„Herr Dossin stellt die Verlegung der Stadien und den REWE Bau als Alternativlos dar. Dies ist mitnichten so. Warum belassen wir nicht die Stadien am alten Standort und stellen die Hochwassermauer fertig, um sie gegen die Fluten der Mulde zu schützen?“ so der Schlussatz des Rundumschlages den Johannes Heine als Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler so nicht auf sich beruhen lassen will.

“Grimma befindet sich in der Zwangssituation der Haushaltkonsolidierung. Da müssen alle Bereiche auf den Prüfstand gestellt werden und das geschieht in sehr verantwortungsvoller Weise durch die Verwaltung in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Finanzen, Ausschüssen, Beiräten und den Ortschaftsräten.“ erklärt er die Streichung der Zuwendungen für das Begegnungshaus der Senioren in Golzern.

Der Stadt Grimma entgehe eine große Chance wenn man auch trotz der der Sparzwänge die Möglichkeiten der Inanspruchnahme der möglichen Fördermittel nicht ausschöpfen würde.

„Ich möchte daran erinnern, dass die Verwaltung in der Vergangenheit großes Augenmerk darauf gelegt hat solche Möglichkeiten nicht zu verpassen. Es können viele Beispiele an Schul-, Kindergarten-, Sport-, Straßenbau- und Feuerwehr- Projekten genannt werden. Im Vergleich zu anderen Kommunen hat das in Grimma funktioniert wobei andere nicht die notwendigen Eigenmittel aufbringen konnten.“ gibt Heine zu Bedenken.

So seien in Grimma die Eigenmittel versilbert und vergoldet worden, um bildlich zu sprechen.

„Dass die Lage so ist wie sie ist finden wir auch nicht toll, aber so sind nun mal die Förderrichtlinien vom Land Sachsen und der Bundesrepublik. Wir können uns auch ein anderes, vor allem einfacheres Prozedere vorstellen. Wir können es aber nicht ändern, sondern nur das Optimalste herausholen.“

Als blanke Polemik weist Heine die Äußerung „paradoxe Bergersche Haushaltspolitik“ kopfschüttelnd zurück.
„Das kann man so nicht stehen lassen! Alle Entscheidungen wurden im Stadtrat auf demokratische Weise entschieden und DIE LINKE war bekanntlich dabei. Auch wenn sie oft dagegen waren oder sich der Stimme enthalten haben, so müssten Sie doch gemerkt haben, dass „BERGER“ die Entscheidungen nicht allein getroffen hat.“

Auch die inhaltlichen Vorwürfe sind für Heine haltlos: „Bei den Sparzwängen beruft man sich auf das Dorfgemeinschaftshaus Golzern und führt im Gegenzug den Neubau von REWE und Stadion auf. Hier verschweigt man bewusst, dass Dorfgemeinschaftshaus Golzern ist auch nicht zu retten, wenn man REWE und Stadionneubau verhindert. Das Eine hat mit dem Anderen gar nichts zu tun!“.

Der Wiederaufbau von hochwassergeschädigten Gebäuden und Anlagen muss nach den aktuellen Richtlinien des Freistaates nachhaltig erfolgen. Das heißt bei nochmaliger Hochwasserschädigung werden keine Gelder mehr von Land und Bund fließen.

„Bauen wir das Stadion (Kunstrasenplatz) an gleicher Stelle wieder auf sind beim nächsten Hochwasser alle anfallenden Kosten durch die Stadt Grimma zu tragen.“ so Heine.

Damit lenkt er auf einen wichtigen Aspekt, nämlich auf den Unterschied ob mögliche Hochwasserschäden dann durch den Steuerzahler getragen werden müssten oder eben durch ein Unternehmen welches Schäden an seinem Gebäude selbst zu decken hätte.

Die im Bau befindliche Mauer soll eine Schutzwirkung eines HQ 100 Hochwassers haben, also einem Hochwassereignisses welches in etwa alle 100 Jahre vorkommt. 2002 war beispielsweise ein Jahrtausendhochwasser welches die Mauer nicht verhindern kann. Auch über die mögliche Schutzwirkung eines Hochwasserereignisses wie 2013 streiten sich die Geister. Schlussfolgernd ist auch die Mauer kein 100- prozentiger Schutz.

„Also entfällt hier auch nicht die Hochwassergefahr, so dass Fluthilfen zurück gezahlt werden müssten. Frau Köditz ist immer schnell dabei gegen etwas zu sein, aber Alternativen habe ich von Ihr noch nicht gehört! Wer etwas will findet Wege, wer etwas nicht will findet Gründe!“

Den REWE Markt könne man der Ansicht von Heine nach entsprechend bauen, so dass die Schäden sich in Grenzen halten würden. Der Investor würde dort nicht bauen wenn das Risiko für ihn nicht kalkulierbar wäre.

Auch zu den „schadstoffbelasteten Böden“ mahnt Heine an Kerstin Köditz: „Natürlich wissen alle, dass die Böden, wo einst die Rote Armee zu Hause war, entsprechende Hinterlassenschaften beinhalten. Was sollen wir tun? Die Augen verschließen und darauf warten, dass spätere Generationen das Problem lösen, denn von selbst löst sich das Problem nicht. Jeder Bau und jede Investition beinhaltet Risiken, ja Frau Köditz! Eine hundertprozentige Sicherheit können auch wir nicht geben. Aber tun wir nichts, bewegt sich auch nichts. Grimma ist ein Mittelzentrum und wir müssen schon etwas dafür tun, dass die Standortfaktoren so sind das weiterhin junge Familien Grimma für sich interessant finden, junge Menschen nach Ausbildung und Studium wieder nach Hause wollen weil in Grimma Arbeitsplätze sind, die Kinderbetreuung, Schulbildung und Freizeitgestaltung in guter Qualität vorhanden sind. Das bekommt man nicht zum Null-Tarif. Grimma ist in eine wunderschöne Landschaft gebettet mit einer tollen Infrastruktur. Das ist gegeben! Den Rest müssen wir schon selbst aufbringen und gestalten, was wieder nicht ohne Risiko geht.“