Sachsen/Grimma. Landwirtschaftsminister Thomas Schmidt und der Präsident des Sächsischen Landesbauernverbandes (SLB), Wolfgang Vogel, haben sich ein Bild im Grimmaer Ortsteil Beiersdorf über den aktuellen Stand der Ernte gemacht, sowie den Sächsischen Agrarbericht 2019 vorgestellt.
„Die Trockenheit der letzten Tage hat den Regen der Wochen zuvor leider wieder wettgemacht. Der Blick auf manche Felder verursacht einige Sorgenfalten. Trotzdem hoffe ich weiterhin auf eine gute diesjährige Ernte“, sagte Staatsminister Schmidt.
Nachdem die Landwirte im vergangenen Jahr mit der Trockenheit zu kämpfen hatten, hatte der SLB nach den regelmäßigen Niederschlägen im Winter und Frühjahr für das Jahr 2019 ein durchschnittliches Erntejahr erwartet. Das Niederschlagsdefizit aus 2018 ist allerdings noch immer nicht ausgeglichen und mittlerweile durch die Hitzewelle wieder vergrößert worden. Obwohl die Bestände gut entwickelt seien, rechnet der SLB auf sandigen Böden mit Ertragseinbußen von bis zu zehn Prozent – vor allem aufgrund von Trockenschäden. Das Weizenangebot wird demanch voraussichtlich höher als im Vorjahr sein, da die Anbaufläche gestiegen sei. Das Rapsangebot hingegen sei wegen der ungünstigen Bestellbedingungen im Jahr 2018 und der Umbrüche gesunken (rund 20 Prozent geringere Anbaufläche). Bei Körnermais und Kartoffeln könne bisher keine verlässliche Prognose getroffen werden. Beide Kulturen befänden sich allerdings bislang überwiegend in einem guten Entwicklungszustand.
„Ich hoffe sehr, dass sich eine Notsituation wie im vergangenen Jahr nicht wiederholt“, sagte der Staatsminister. „Idealerweise würden die Landwirte aus der diesjährigen Ernte die Verluste des vergangenen Jahres ausgleichen. In guten Jahren könnten dann Rücklagen für schlechtere Jahre gebildet werden. Leider lehnte der Bund bisher eine steuerlich begünstigte Risikoausgleichsrücklage ab, die uneingeschränkt für alle Betriebe gilt. Es muss dringend gehandelt werden, denn ad-hoc-Zahlungen wie im vergangenen Jahr bei Witterungsschäden sind keine Dauerlösung. Mit der steuerlich begünstigten Rücklage könnten die Betriebe in die Lage versetzt werden, in guten Erntejahren Geld zweckgebunden auf die hohe Kante zu legen, um im Schadensfall diese Mittel zur Minderung des Schadens einzusetzen.“
„Wir müssen den Landwirten vorrangig Hilfe zur Selbsthilfe an die Hand geben. Das ist zum einen ein breit angelegtes betriebliches Risikomanagement mit angepassten Anbau-, Sorten- und Arbeitsplanungen sowie neuen technische Lösungen“, sagte Staatsminister Schmidt. „Wir müssen zudem Wettbewerbsnachteile für die heimische Landwirtschaft abwehren. Hier denke ich besonders an die Diskussionen zur Gemeinsamen Agrarpolitik nach dem Jahr 2020, bei der ich mich klar gegen Mittelkürzungen oder Mittelumverteilungen zulasten der sächsischen Landwirtschaft und des ländlichen Raums ausspreche. Sowohl für die Produktion von Nahrungsmitteln als auch für die Erzeugung von Umweltleistungen brauchen wir stabile Betriebe.“
Hintergrund: Nach den vorläufigen Zahlen des Statistischen Landesamtes bauen die sächsischen Landwirte in diesem Jahr auf 389 700 Hektar Getreide (einschließlich Körnermais) an. Mit 194 800 Hektar wächst auf der Hälfte der Getreideanbaufläche Weizen. Es folgen Gerste mit 118 500 Hektar und Roggen (einschließlich Wintermenggetreide) mit 33 100 Hektar. Im Vergleich zu 2018 erhöhte sich die Getreidefläche um drei Prozent. Es wurden insbesondere die Anbauflächen von Roggen (+ 5 300 Hektar), Körnermais (+ 3 900 Hektar) und Gerste (+ 3 700 Hektar) ausgeweitet. Die Aussaatflächen von Triticale (- 800 Hektar) und Hafer (- 400 Hektar) verringerten sich. Winterraps ist mit 101 300 Hektar nach Getreide die bedeutendste Fruchtart. Im Vorjahresvergleich wurde die Anbaufläche um 24 600 Hektar reduziert. Silomais wird auf 87 600 Hektar angebaut, das sind 6 800 Hektar mehr als im Jahr 2018. Zuckerrüben wachsen auf 16 300 Hektar (+ 200 Hektar), Erbsen und Ackerbohnen auf 8 000 Hektar (- 800 Hektar). Kartoffeln werden auf rund 5 830 Hektar angebaut.
Die fortgesetzte Trockenheit im Spätsommer 2018 hatte negative Auswirkungen auf die Aussaat der früher zu säenden Winterungen Raps und Gerste. Der überwiegend milde Winter brachte in den Monaten Dezember und Januar seit langer Zeit größere Niederschlagsmengen, die aber nicht annähernd ausgereicht haben, das aus dem Dürrejahr 2018 resultierende Bodenfeuchte-Defizit auszugleichen. Das Frühjahr begann mäßig warm und trocken. Günstige Aussaatbedingungen für das Sommergetreide und die Leguminosen stellten sich meist erst ab Anfang April 2019 ein. Die Trockenheit führte zu einer verhaltenen Entwicklung, bremste aber auch häufig das Auftreten von Krankheiten im Getreide. Ab Ende April einsetzende Niederschläge in den meisten Regionen Sachsen begünstigten die weitere Entwicklung der Bestände, bei geringem bis mittlerem Krankheitsauftreten. Seit Anfang Juni führen deutlich unterdurchschnittliche Niederschläge bei gleichzeitig hochsommerlichen Temperaturen verbreitet zu Trockenstress, der sich aktuell nachteilig auf die Kornfüllung bei Getreide auswirkt. Betroffen sind hier vor allem die leichten Standorte in Nord- und Nordostsachsen, aber auch weitere Gebiete mit regional besonders geringen Niederschlägen. Bei einem längeren Andauern der derzeitig trocken-heißen Witterung sind ebenfalls Ertragsrückgänge bei den Hackfrüchten Mais, Zuckerrüben und Kartoffeln zu erwarten. Eine zum Jahr 2018 vergleichbare Situation ist derzeit jedoch nicht gegeben.
Die Nachwirkungen der Trockenheit im Jahr 2018 sind auch zu Beginn des Vegetationsjahres 2019 im Dauergrünland und Feldfutterbau wahrnehmbar. Die teilweise unzureichende Massebildung zum bisher „üblichen“ ersten Schnitttermin und der Zwang zur Deckung des Futterbedarfs führten in nicht wenigen Fällen zu einem späteren Schnitt mit mehr Masse aber geringerem Energiegehalt. Bisherige Schätzungen von Landwirten lassen darauf schließen, dass der erste Schnitt auf dem Dauergrünland unter dem mehrjährigen Durchschnitt liegt. Angesichts der geringen Niederschläge im Juni bleiben die Erträge des zweiten Aufwuchses ebenfalls abzuwarten. Der Feldfutterbau bietet ein differenzierteres Bild. Mehrjähriges Ackerfutter, wie Acker- und Kleegras, weist teilweise eine geringe Bestandsdichte auf. Im Vorjahr gelungene Ansaaten von Winterzwischenfrüchten, wie Futterroggen und Gras-Leguminosen-Gemenge haben partiell zur Entlastung der Grobfuttersituation beitragen können.