Naunhof. Der Stadtrat am Donnerstag hatte es mal wieder in sich. Neben der Ablehnung des Haushaltes war auch die Aussetzung des Interessenbekundungsverfahrens auf der Agenda.
Die Stadträte wurden durch die Stadtangestellten wieder mit einem Pfeiffkonzert am Rathaus begrüßt, lediglich Bürgermeister Zocher erhielt für sein Engagement Applaus. Ziel war es auf den immernoch nicht geklärten Tarifstreit auf sich aufmerksam zu machen.In der Sitzung selbst hatte die Haushaltsdisskussion und das Interessenbekundungsverfahren die meiste Zeit in Anspruch genommen.
Haushalt
Nicht unüblich wurden zum Haushaltsentwurf diverse Fragen zu verschiedenen Punkten gestellt, welche durch die gut vorbereitete Amtsleiterin der Kämmerein, Kathrin Stehr beantwortet worden. Gabriele Wegel (CDU) lief dabei zur Höchstform auf, so hatte man den Eindruck dass hier das Fachwissen der Kämmerin auf die Probe gestellt werden sollte. Stehr ließ sich aber unbeeindruckt und erklärte die angesprochenen Punkte souverän. Erst als Bürger zunehmend bei den Fragen von Wegel aufstöhnten und dafür harsche Kritik von Wegel erhielten, stellte sie keine weiteren Fragen. Das sollte allerdings nicht der letzte Redebeitrag der CDU-Abgeordneten werden.
Da im Haushalt auch Mehrkosten Personalaufwand einkalkuliert wurden störte sich Gerold Meyer (CDU) an der Formulierung, denn in der aktuellen Vorlage hieß es „angepasst an die TVöD Tarife“. Er brachte daher den Änderungsvorschlag ein, dass in „in Anlehnung an die TVöD Tarife“ zu ändern.
Nach weiteren Fragen durch Mario Schaller (BiN) wurde es dann merkwürdig. Gabriele Wegel brachte den Antrag ein 20.000 € für ein neues Fahrzeug für die Feuerwehr Naunhof einzubringen um damit schon ein Polster für die kommende Investitionen parat zu haben welche auf der Jahreshauptversammlung der Feuerwehr laut ihren Angaben angesprochen wurden, allerdings erwiederte Zocher das es noch keinerlei Grundlage gäbe um überhaupt über ein Finanzierungskonzept zu sprechen, denn derzeit werden die Feuerwehren gefragt, in Vorbereitung für den Brandschutzbedarfsplan, was derzeit gebraucht werde. Dieser Bedarfsplan ist nötig um überhaupt ein Finanzierungskonzept planen zu können und Fördermittel zu beantragen was ohnehin für 2017 auf der Agenda stehe. Außerdem fügte Zocher an, dass der Änderungsantrag auch die Gegenfinanzierung beinhalten müsse , also was dafür gestrichen werden solle.
Wegel brachte dafür dann die eingeplanten Mehrkosten für Kitapersonal ins Spiel was dem merkwürdigen Antrag dann den Rest gab. Stadtrat Dietmar Schenk (Parteilos) erwiderte schellmisch das man ja gleich 500 000 € einplanen könne. Der Antrag kam nach heftiger Debatte dann doch nicht zur Abstimmung weil auch die Geschäftsordnung nicht eingehalten wurde, allerdings wurde der Haushalt von der Stadtmehrheit auch gänzlich abgelehnt. Über die Gründe ist wenig bekannt, Michael Eichhorn (Linke) formuliert es so: „Im Haushaltsplan ist für 2017 endlich vorgesehen, auch die andere Seite der Oberschule mit neuen Fenstern zu versehen. Das Ganze wird nun dadurch gefährdet, dass dieser Haushalt ohne Begründung abgelehnt wurde. So ist es auch sehr fraglich, ob unter diesen Umständen Fördermittel bewilligt werden. Dieser Konsequenz seines Abstimmungsverhaltens sollte sich jeder bewusst sein. Die beste Aussage kam allerdings von Herrn Funke, der meinte den Haushalt ablehnen zu müssen, weil wir uns in der Debatte an die Geschäftsordnung halten, die vorsieht, dass jeder Stadtrat pro TOP zwei Wortmeldungen hat.“
Heike Barthel (BiN) äußerte sich bei Facebook folgendermaßen: „Laut Herrn Zocher gab es ja aus 3 1/2 Std. Haushaltsklausur (vom 26.2.) nichts Verwertbares, weshalb ja der Mitschnitt gelöscht und kein Protokoll angefertigt wurde – Mit anderen Worten, wir haben nur heisse Luft bewegt. Was soll ich also beschließen? Vorschläge von uns Stadträten fanden keine Berücksichtigung. Wenn ich allein an die Oberschulfenster denke, weiß ich, was Absprachen im vergangenen Jahr wert waren.“
Aussetzung Interessenbekundungsverfahren
Bürgermeister Zocher hatte im weiteren Verlauf dann den Antrag zur Aussetzung des Interessenbekundungsverfahrens gesetzt in dem es darum ging, damals durch die Stadtratsmehrheit beantragt, dass die Stadtverwaltung mit freien Trägern in Verhandlungen treten solle um somit die mögliche Abtretung der kommunalen Kindertageseinrichtungen vorzubereiten bzw. „Kosten kalkulieren zu können“.
Der Antrag wurde einstimmig beschlossen, allerdings nicht wortlos. So brachten Mario Schaller (BiN) und auch Jörg-Dietmar Funke (UWV) in vorgelesenen Erklärungen harte Kritik am Bürgerbegehren und den Initiatoren, sowie dem Bürgermeister hervor.
„Es spielt keine Rolle mehr, ob das Interessenbekundungsverfahren durchgeführt, aus- oder abgesetzt wird, da noch vor kurzer Zeit der Bürgermeister selbst die Forderung erhoben hat, dass eine Überprüfung der Qualität, der Kostenstruktur und der Leistungen unserer städtischen Kindertageseinrichtungen durchgeführt werden soll.“ brachte die BiN in Ihrer Erklärung als Argument an, dabei berücksichtigten die Verfasser allerdings nicht die derzeitige Situation und vernachlässigen den aktuell tobenden Tarifkampf der die Voraussetzungen geändert hat.
Außerdem wertete man das Bürgerbegehren als „unsägliche Kampagne gegen die Arbeit freier Träger“ woraufhin Michael Eichhorn entgegnete, dass man hier am Status Quo rütteln wolle obwohl es keinen Grund dafür gäbe. Er lobte die Arbeit der Freien Träger ausdrücklich im Zusammenhang mit der derzeitigen Konstellation und dem ausgewogenen Verhältnis zwischen kommunaler und privatwirtschaftlicher Einrichtungen in Naunhof.
Weiterhin brachte man ein dass Zocher sich grundsätzlich gegen freie Träger aussprechen würde und bringen ein Zitat in einen falschen Zusammenhang mit dem Gymnasiumneubau bei dem sich Zocher deutlich für eine mögliche Erweiterung durch den Träger aussprach. (Anm. d. Redaktion: Der Gymnasiumneubau wird vom Träger gebaut und betrieben, in der Abtretung der errichteten kommunalen Einrichtungen geht es darum, dass die Stadt die Kitas gebaut hat und die freien Träger nur die Gebäude betreiben.)
Ein nenenswertes Pauschalargument war noch folgendes: „Zudem wird jegliche Möglichkeit genommen, die zukünftig neu zu bauende Kindertagestätte in der Melanchthonstraße in eine Freie Trägerschaft zu übergeben.“ Woher diese Annahme stammt ist allerdings genauso offen. Unterschrieben wurde die Erklärung von Heike Barthel und Mario Schaller
Die UWV, FDP und WV Ammelshain erklärten Ihren damaligen Antrag nochmals und, wie auch schon die BiN verurteilten sie die Initiatoren des Bürgerbegehrens: „Die Vorverurteilung der Arbeit freier Träger durch die Unterschriftensammlung für das Bürgerbegehren ohne sachliche Information in der eigentlichen Sache, damit absichtlich den 2. Schritt vor dem 1. mit Panikmache und ohne tatsächliche Sachinformation durchzuprügeln, macht eine konstruktive Verhandlung mit freien Trägern unmöglich“.
Danach erfolgte der Rundumschlag gegen alle Meinungsgegner und der Partei „Die Linke“: „Eine sinnentstellende Polemik durch die LINKE, insbesondere durch Herrn Eichhorn, haben die Atmosphäre vergiftet. Dies ist leider kein Erfolg demokratischer Grundprinzipien, sondern ein Erfolg destruktiver und ideologisch motivierter Verhinderungspolitik der LINKEN und ihrer Befürworter. Egoistische Beweggründe einzelner Akteure in der Stadt werden letztendlich der weiteren Entwicklung von Naunhof schaden.“
Daraufhin verließ der langjährige ehemalige Stadtrat Harry Eichhorn, welcher in den Zuschauerrängen saß für den Rest der Erklärung den Saal.„Es ist bekannt und lässt sich trefflich im Haushaltsentwurf 2016 nachlesen, dass alle KITA’s in städtischer Verwaltung wesentlich teurer in der Unterhaltung sind, als die in freier Trägerschaft. Der schwarze Teufel der an die Wand gemalt wird, die Elternbeiträge würden dann exorbitant steigen, existiert nicht. Durch die Gegner des Interessenbekundungsverfahrens werden solche Thesen vorsätzlich irrführend verwendet, um die Eltern und die Naunhofer Bürgerschaft zu verunsichern. Die Nötigung der Eltern bzw. die Instrumentalisierung von Kindern durch die KITA-Angestellten durch Beigabe von Aufrufzetteln im Rucksack oder in der Brotbüchse der Kinder, nicht für eine mögliche Ãœberführung in freie Trägerschaft zu stimmen, schlägt dem Fass den Boden aus und sollte durch die Rechtsaufsicht geprüft werden. Anstatt die Sachdiskussion zu führen, wird die Konfrontation unter Vereinnahme von Kindern gesucht, was nicht hinnehmbar ist und zudem ein Armutszeugnis an demokratischem Verständnis in unseren städtischen Einrichtungen darstellt. Persönliche Befindlichkeiten werden seit Amtszeit des Bürgermeisters Zocher vor Sachdiskussionen und vor das Gemeinwohl der Stadt Naunhof gestellt. Wir haben nur auf Grund der vergifteten Atmosphäre, in der keine sachlichen Verhandlungen und Gespräche mit freien Trägern möglich werden, zugestimmt, das Interessenbekundungsverfahren auszusetzen.“
Belegt wurden die genannten Thesen allerdings nicht. In der Erklärung wird außerdem vergessen das Stadtrat Funke die Stadtverwaltung beauftragt hat weiterhin Gespräche mit möglichen freien Trägern zu führen.
Das Bürgerbegehren läuft indes weiter.