Ingo Runge will Bürgermeister in Grimma werden

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Grimma. Seit einigen Tagen ist bekannt, dass Ingo Runge (44) als unabhängiger Kandidat für die Bürgermeisterwahlen in Grimma ins Rennen gehen wird. Wir haben ihm dazu einige Fragen gestellt. 

Zur Person: Der 44-Jährige kommt ursprünglich aus Bremen, ist verheiratet und hat 4 Kinder. Beruflich ist er für die DB Vertrieb GmbH tätig (ein Unternehmen der Deutschen Bahn AG) und verantwortlich als Verkaufsbezirksleiter für den Vertrieb im Bundesland Sachsen, an 15 Standorten, mit gut 130 Mitarbeitern. Sein gesellschaftliches Engagement begann in der kirchlichen Jugendarbeit, in der er sich nach eigenen Angaben schon sehr früh, als Jugendlicher eingebracht habe. Ende der achtziger Jahre hat er begonnen, sich politisch in der SPD zu engagieren. Nachdem er im Jahr 2010 nach Grimma gezogen ist, hat er sich auch bei der örtlichen SPD engagiert. Seit 2012 ist er auch im Kreis für die SPD aktiv, seit Herbst 2014 deren Vorsitzenden.

Herr Runge, warum treten Sie nicht als SPD Kandidat auf?

„Als Kandidat der SPD in einen Bürgermeisterwahlkampf zu gehen wäre sicher leicht möglich gewesen. Mir geht es aber um etwas anderes. Gerade in der Kommune scheint es mir nicht in erster Linie darum zu gehen, welcher Partei man angehört, es geht doch vielmehr darum, wie man mit allen Akteuren in der Stadt gemeinsam etwas erreicht. Dafür ist eine Parteiangehörigkeit von nachgeordneter Bedeutung. Diese bildet dann eher das Koordinatensystem von Grundüberzeugungen und Ansichten, für die man steht. Insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Diskussionen wird ja deutlich, dass es einen behaupteten oder gefühlten Abstand zwischen Politik und Bürgern gibt. Viele Bürgerinnen und Bürger meinen, die „Politik“ sei weit weg von ihnen. Diese „Politik“ sind ja aber alle gewählten Vertreter innerhalb des demokratischen Systems: Stadt- und Kreisräte, Abgeordnete im Land- und Bundestag oder im Europaparlament und natürlich auch Bürgermeister. Ich möchte hier eine andere Sichtweise einbringen.“

Wie soll diese Sichtweise aussehen und gerade speziell für Grimma?

„Demokratie lebt davon, dass möglichst viele mitmachen. Man muss nicht bis zu den griechischen Wurzeln des Begriffs zurückzugehen, um dies zu erkennen. Es kann nicht darum gehen, dass es einen Menschen gibt, der einen Plan in der Tasche hat oder eine Vision besitzt, es geht nicht darum, dass die Politik etwas abliefert, es geht um gemeinsames gestalten. Ziele und Inhalte von politischem Tun sind in einem ständigen Prozess immer  wieder neu zu verhandeln. Dies ist anstrengend, dauert seine Zeit und ist sicher auch immer mal wieder frustrierend, weil die eigene Meinung sich nicht durchsetzt. Es ist aber eben notwendig, um das Fundament unserer Gesellschaft, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu erhalten. Wahlen mit einer Beteiligung von kaum 50% der Wahlberechtigten müssen für alle Akteure ein Warnsignal sein. Aus diesem Grunde möchte ich eben alle Grimmaer einladen, darüber zu diskutieren, wie wir Grimma gemeinsam gestalten.“

Gibt es schon Spezielle Themen, welche Sie aufgreifen wollen?

„Natürlich gibt es auch ganz konkrete Themen, die mich antreiben, Fragen, auf die wir gemeinsam Antworten finden müssen:
Wie können wir mehr bürgerschaftliches Engagement nutzen? Brauchen wir mehr Einwohnerversammlungen oder Volksentscheide bei wichtigen Themen? Sind die Ortschaftsräte richtig aufgestellt und besitzen diese die notwendigen Kompetenzen, um das Leben in der Ortsteilen entsprechend mitzugestalten? Wie entwickelt sich nach den Eingemeindungen der letzten Jahre ein „WirGefühl“ der gesamten Stadt Grimma, oder bleiben die Ortsteile nur lose nebeneinander? An vielen Stellen gibt es breites gesellschaftliches Engagement, von Sport über Kultur und Sozialem bis zu den Feuerwehren, wie gelingt es uns hierfür den Rahmen zu erhalten und dies Engagement noch zu stärken und auszubauen? In einer Gesellschaft, deren wichtigste Ressource der Mensch ist, dürfen wir nicht akzeptieren, dass jedes 10. Kind im Landkreis – und damit eben auch in Grimma- die Schule ohne Schulabschluss verlässt. Im Thünen Report wurden Jugendliche aus Grimma befragt. Zwei Drittel von ihnen sahen für sich keine Zukunft in Grimma und wollen die Stadt verlassen; Wenn unsere Kinder die Stadt verlassen, welche Zukunft hat diese dann? Demographie und Generationengerechtigkeit beschäftigen die Stadt natürlich nicht nur bei der Frage der Zukunft für die junge Generation, sondern auch bei der Frage nach altersgerechtem Wohnen und einer adäquaten medizinischen und sozialen Versorgung in der Kernstadt und den Ortsteilen. Um Grimma erfolgreich zu machen müssen wir einen Weg finden, um die dauerhafte Abwanderung und Schrumpfung der Stadt zu stoppen, dies ist im vergangenen Jahr in Borna bereits gelungen, ich bin überzeugt, dass dies auch in Grimma möglich ist. Das angeschobene neue Stadtentwicklungskonzept ist ein erster wesentlicher Schritt für die zukünftige Gestaltung der Stadt, die aktuelle Lage in der Altstadt ist ein deutlicher Wink, wie wichtig dies ist. Mobilität ist ein wichtiges Thema insbesondere in einer Stadt wie Grimma mit vielen Ein- und Auspendlern. Wie schaffen wir die richtige Vernetzung und Vertaktung auf den relevanten Verbindungen und in die Ortsteile (Die Arbeitsgruppe des MDV zur Optimierung des Busverkehrs ist hier sicher ein erster Ansatz.). Es bedarf auch eines weiterentwickelten Verkehrskonzeptes für den innerstädtischen Verkehr. Neben der Frage, wie bereits tätige Handwerker, Händler und Unternehmer unterstützt werden können, ist zu fragen, in welchen Bereichen entsteht in Grimma zukünftig sichere und zukunftsorientierte Beschäftigung? Wie können wir hierzu auch die Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Region sinnvoll einbinden und nutzen? Dies sind nur einige der Punkte, über die gesprochen werden muss, um „Grimma gemeinsam gestalten“ zu können. Wichtig ist aber, und daher sei es nochmals betont, dass möglichst viele ihre Fragen, aber auch Anregungen und Ideen einbringen. Ich bin zu tiefst davon überzeugt, dass wir nur in einem solchen Prozess unsere Stadt für alle weiterentwickeln. Diesen Prozess möchte ich anstoßen und bis in den März in einer ersten Phase vorantreiben. Aus den Diskussionen wird dann ein Wahl- /Arbeitsprogramm entstehen, dass die wesentlichen Anstöße aufnimmt.“ 

Wie stehen Sie einer möglichen Bürgermeisterkandidatur des amtierenden Oberbürgermeisters Matthias Berger gegenüber?

„Zur Frage einer möglichen nochmaligen Kandidatur von Herrn Berger kann ich mich nicht äußern. Ich kann verstehen, dass er sich, auch vor dem Hintergrund des aktuellen Geschehens noch nicht hierzu äußert. Grundsätzlich ist es aber immer gut, wenn es in einer Demokratie eine Wahlmöglichkeit gibt.“

Ingo Runge hat mittlerweile eine eigene Facebookseite, „Grimma gemeinsam gestalten“ erstellt, mit der er mit den Grimmaern ins Gespräch kommen will. Aktuell lädt er mit der Frage: „Freies Internet zwischen Pöppelmann- und Hängebrücke…ein Baustein zur Erhöhung der Attraktivität der Innenstadt?“ zur Debatte ein. Die SPD Grimma hat auf ihrer Homepage ihre Unterstützung für Ingo Runge bekundet. Ob der amtierende Oberbürgermeister indes nochmal für die Wahl antritt oder vielleicht sogar für die Wahl zum Landrat kandidiert ist derzeit offen. Die Anmeldefrist endet zum 11.05.2015 für beide Wahlen. Alle Informationen und Hintergründe werden wir bis zum Wahltag unter der Rubrik „Bürgermeisterwahlen 2015“ zusammentragen.