Schon beschlossen? „Roter Ochsen“ soll Flüchtlingquartier werden!

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Grimma. Hartnäckig hielt sich das Gerücht einer neuen Asylunterkunft im Gewerbepark von Grimma Süd. Die Planungen zum Gebäude „Roter Ochsen“ scheinen aber wesentlich weiter zu sein als man seitens des Landratsamtes gerne zugeben würde.

Nachdem das Gebäude, welches bereits zu DDR-Zeiten entstand, als Gerücht durch den Gewerbepark geisterte hatte Oberbürgermeister Matthias Berger am Donnerstag zu einer internen Runde für alle interessierten Gewerbetreibenden, welche unmittelbar betroffen wären, geladen. Zahlreiche Teilnehmer kamen im Rathaus zusammen. Ebenfalls anwesend waren Geschäftsführer des TLG Christian Kürten, der ehemalige Geschäftsführer des TLG Hubertus Letztner sowie Auskunftgeber Dr. Thomas Voigt (Beigeordneter Landkreis Leipzig). Das Zusammentreffen wurde initiiert damit die Gewerbetreibenden selbst auf zu erwartende Probleme mit dem Standort hinweisen konnten. Die Stadt Grimma wurde kurz zuvor vom Landkreis über das Vorhaben informiert und sollte etwaige Bedenken äussern.Voigt erklärte gegenüber den Anwesenden, dass das Gebäude derzeit im Eigentum eines ehemaligen MAG Geschäftsführers liege (Name der Redaktion bekannt). Der ehemalige Geschäftsführer der MAG ist mittlerweile Geschäftsführer der Firma Taiga Holzhaus GmbH mit Sitz in Dötlingen (In der Nähe von Bremen). Diese Firma beabsichtigt das Gebäude zu sanieren und ggf. zu verkaufen oder zu vermieten, so zumindest die Aussage Voigt´s zu den Anwesenden. Ein Interessent zur Betreibung der Unterkunft habe man lt. Voigts Aussagen ebenfalls gefunden. Geplant sei eine Unterkunft mit ca. 140-200 Plätzen welche aber auf 500 Plätze erweitert werden könne. Das derzeitige Asylheim Bahren soll dabei integriert werden. Angestrebt sei eine Eröffnung noch im Dezember diesen Jahres.

Was nun folglich zum Eklat führte war die Information, dass bereits auf Landes- und Kreisebene Bauanträge eingereicht wurden, denn zu Beginn waren alle Teilnehmer davon ausgegangen, dass es sich um eine reine Überlegung und Idee handeln würde. Schockiert über die Informationen welche nicht einmal vorab mit dem Kreisrat diskutiert wurden, meldeten sich einige Gewerbetreibenden zu recht erbost über diese Willkür zu Wort.Die Bedenken wurden wie folgt geschildert. Mehrfach wurde darauf hingewiesen dass in unmittelbarer Nähe regulärer Schulsport und verschiedenste Freizeitmöglichkeiten durchgeführt und genutzt werden. Der Gewerbepark ist nach der regulären Betriebszeit nicht belebt und die Beleuchtungen auf ein Minimum reduziert. Des weiteren ist die Zugänglichkeit ungeklärt. Das Grundstück kann nur über TLG Gelände betreten werden. Ebenfalls äußerten viele ihre Ängste im Bezug auf Kriminalität, schließlich gibt es auch auf den Firmengrundstücken Ausstellungsflächen und Ähnliches. Des weiteren sind unter Anderem politisch motivierte Übergriffe für bedenklich geschildert worden.

Wie wir erfuhren wurden, seitens einem aus der Region stammendem Mitarbeiter der Firma Taiga Holzhaus GmbH, bereits Kostenangebote für Wasser und Energie bei den zuständigen Versorgen für einen Neuanschluss angefragt.

Das 5-geschössige Gebäude verfügt derzeit über zwei sanierte Etagen welche von Firmen genutzt werden. Die Medien (Wasser/Telefon/Strom) werden derzeit über die TLG bereitgestellt und abgerechnet. Diese Verträge wurden im Zuge der MAG-Abwicklung zum 31.12.2015 gekündigt. Außerdem befindet sich im Gebäude die komplette Telefonkommunikation des Gewerbeparks sowie kleinere Unternehmen. Die oberen drei Etagen sind aktuell lt. unseren Informationen unsaniert und Asbestverseucht.Bedingt durch die neuerlichen Gesetzesänderungen hat die Stadt keinerlei Entscheidungsgewalt über dieses Gebäude, sie wurde lediglich informiert und sollte etwaige Bedenken äußern welche mit dem Termin am Donnerstag auch erfolgte. Die Entscheidungsgewalt hat der Landkreis inne unabhängig davon ob die Stadt Grimma ein Ja oder Nein dazu ausspricht.

Das Medienportal Grimma hat in den letzten Wochen mehrfach zu verschiedenen Gerüchten auch auf andere Städte den Landkreis befragt. Eine Stellungnahme erfolgte jedoch nur in Form einer Bitte um Geduld und mit folgenden Worten: „Wie in anderen Städten und Gemeinden suchen wir natürlich auch nach Unterbringungsmöglichkeit in Grimma. Es ist aber im Moment noch nichts so weit gediehen, dass es spruchreif wäre. Nicht alle Standorte die geprüft werden, sind auch geeignet, manches ändert noch sich kurz vor der Entscheidungsreife.“

Außerdem fragten wir bei der Landesdirektion Sachsen, welche für die Flüchtlingsunterbringung in Sachsen zuständig ist an. Auch hier erhielten wir wieder nur folgende Stellungnahme: „Die Landesdirektion Sachsen und der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) sind gegenwärtig in einem ständigen Prozess mit der Recherche für zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten für die Erstaufnahme von Asylbewerbern befasst. Dabei werden immer wieder die verschiedensten Grundstücke oder Gebäude – in erster Linie landeseigene Immobilien – in den Blick genommen. Diese Recherche hat sich aufgrund der aktuellen Zugangszahlen von Asylbewerbern nach Sachsen nochmals verstärkt. Eine Information der Öffentlichkeit zu neuen Erstunterbringungsquartieren ist aber erst nach einer Standortentscheidung und nach dem Abschluss damit möglicherweise verbundener vertraglicher Vereinbarungen sinnvoll. Wir kommunizieren dann jeweils aktiv und umgehend. Nähere Auskünfte zur Prüfung von Gebäuden können wir leider nicht geben.“.Die Fragen die sich derzeit der Landkreis Leipzig und auch der Freistaat Sachsen gefallen lassen darf, dürfte wie folgt aussehen: „Ist ein gestellter Bauantrag für ein hart umstrittenes asbestverseuchtes Gebäude, welches für Flüchtlinge eine Unterkunft darstellen soll, mehr wert als ein Gewerbepark mit hunderten Arbeitnehmern bzw. Gewerbetreibenden die über jeden Kunden dankbar sind? Warum wird die Öffentlichkeit erst nach einem Beschluss informiert?“

Dass auch Grimma seiner auferlegten Verantwortung bzw. Quote von etwa 300 Flüchtlingen (davon derzeit ca. 220 bereits untergebracht) nachkommen kann und auch möchte dürfte nicht zur Diskussion stehen aber wenn das die Art und Weise seitens des Landkreises und des Landes sein soll mit der sehr brisanten Flüchtlingsunterbringungsthematik umzugehen, dann braucht man sich seitens der Politik auch nicht zu beschweren das die Bevölkerung der Politik den Rücken kehrt.

(Anmerkung: Alle Aussagen zu dem Termin am Donnerstag wurden uns mehrfach so geschildert und stellen die Sichtweisen der Betroffenen dar)

Wir werden das Thema weiterhin aufmerksam verfolgen

Update 24.09.2015: Viel Neues gibt es zu dem Thema noch nicht, außer dass uns am Montag der Landkreis zumindest unsere Recherchen offiziell bestätigt hatte und es nächste Woche ein Treffen zwischen Landrat Graichen und den Gewerbetreibenden geben soll. Wir bleiben natürlich dran.

Mitteilung des Landkreises: „Das Landratsamt hat gemeinsam mit dem OBM die Unternehmer des Gewerbeparks informiert. Der Anbieter hat einen Bauantrag gestellt, der sich in der Prüfung befindet. Anderweitige Aussagen können derzeit nicht getroffen werden, da es der Arbeitsstand nicht hergibt.“