Wurzen. Nach zwanzig Jahren des Kampfes, das Ringelnatz-Geburtshaus kulturell zu erhalten und zu nutzen, schaut der Joachim-Ringelnatz-Verein relativ gelassen auf die Verzögerung beim Bau.
„Wir sind sicher, dass die Partner eine Lösung finden, die uns erlaubt, das Haus barrierefrei zu betreiben“, sagt dessen Vorsitzende Viola Heß. Da sich Fahrstuhl, Fluchttreppe und Behinderten-WC kaum in den Barock-Bau integrieren lassen, werde sich für den Anbau eine Form finden mit der Stadt, Denkmalschutz, Verein und Tourismusorganisation gleichermaßen leben können. Auch wenn derzeit noch keine Veranstaltungen stattfinden können, der Verein bereitet sich umfassend darauf vor, das Geburtshaus von Joachim Ringelnatz als vielseitig nutzbaren Ort für Literatur und Kunst einzurichten. Hinter den Kulissen wurde bei Land und Bund um Förderung für die Ausstattung geworben. Mit großem Erfolg. Etwas mehr als die Hälfte der erforderlichen Summe von 50 000 Euro stellt das sächsische Ministerium für Wissenschaft und Kunst über den und mit dem Kulturraum zur Verfügung.
Das sei ein wichtiges Signal des Landes, sich klar für das Erbe des umtriebigen und vielseitig begabten Sachsen Ringelnatz einzusetzen, der es in den literarischen Klassikerhimmel der Deutschen geschafft hat. Deshalb und wegen des ambitionierten Konzeptes, das der Verein vorlegte, beteiligt sich auch die Arbeitsgemeinschaft literarischer Gesellschaften und Gedenkstätten mit 10 000 Euro aus Bundesmitteln an der Ausstattung mit Mobiliar und Technik für Veranstaltungen und Projekte. Das ist Geld, das die Stadt Wurzen als Eigentümerin des Hauses einsparen kann. Die Stadt selbst muss nach dem Förderrecht nur 5 Prozent der Summe beisteuern. Nicht unerheblich bleibt der Aufwand für den Verein. Der hat sich rechtzeitig mit einem Förderkonzept auf den Weg zu Firmen und Bürgern gemacht hat und einige Tausend Euro Spenden eingeworben. „Wir bedanken uns dafür sehr und werden auf einer Spendentafel im Hause die Namen der Spender für spätere Zeiten festhalten“, sagt Gerlind Braunsdorf, die bereits die Spendenaktion zum Ringelnatz-Kunstpfad mit Erfolg abschloss.
Auch das neu eröffnete Ringelnatzhaus trägt wieder Krone – die flämischen Kronen der Wurzener Leuchten-Manufaktur. Aus den drei in die Jahre gekommenen Kronen, die 1983 im Hause installiert wurden, sind mittlerweile sieben geworden. Drei Wurzener spendeten Exemplare aus ihren Haushalten. Gabriele Pötzsch, Geschäftsführerin der Traditionsmanufaktur im Badergraben, und ihre Mitarbeiter sahen es als eine Ehre an, Patina von den Leuchtern zu entfernen, sie aufzuarbeiten und poliert und frisch verkabelt dem Verein zu übergeben. Dabei wurde noch ein siebentes Modell gleicher Bauart hinzugefügt. „Das ist eine große Sachspende und eine Entlastung für das Baubudget der Stadt“, freut sich die Vereinsvorsitzende. „Auch darauf werden wir im Haus hinweisen. Ebenso auf alle die Firmen, die engagiert und zügig den nicht einfachen Umbau durchführen.“ Eine besondere Erinnerung bekommt der Wurzener Unternehmer und Ehrenbürger Dietrich Hoffmann, der seine Firma im Ringelnatz-Geburtshaus gründete und den Umbau mit einer Spende an die Stadt unterstützte. Eine Tafel und ein Kettenzug von Liftket werden den Raum schmücken, in dem die Gründung stattfand. Derzeit ist der Verein wie alle Kultureinrichtungen durch die Corona-Pandemie in seinem Wirken eingeschränkt, denn nach wie vor sind Spielstätten jeder Art geschlossen. Lesungen, Konzerte, Literaturprojekte stehen in der Warteschleife. Auch auf der Baustelle gab es Verzug aus Mangel an Arbeitskräften. „Wir haben uns inzwischen auf einen späteren Eröffnungstermin für das Haus eingestellt und die bereits dafür engagierten Künstler um Verständnis gebeten“, sagt Viola Heß.
Gegenwärtig halte der Verein noch daran fest, den Kulturhunger nach Corona mit einem schönen RingelnatzSommer 2020 in der Ersatzspielstätte im „Seepferdchen“ zu stillen. Für die Zeit vom 1. Bis 9. August sind acht schöne Veranstaltungen vorbereitet. Auch mit dem bereits geplanten Programm bis dahin kann der Verein sofort fortfahren, wenn die Signale auf GRÜN stehen. Aktuelle Informationen immer auf www.ringelnatz-verein.de