BBC-Report über Flüchtlingskinder im Muldental

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Foto: Detlef Rohde

Grimma/Tanndorf. Es waren ungewohnte Tagesabläufe für vier minderjährige Kinder aus Afghanistan, die derzeit in einer Unterkunft für minderjährige Kinder aus Afghanistan des Bildungs- und Sozialwerks Muldental e.V. in Tanndorf untergebracht sind. Die BBC schickte einen ihrer ganz großen Auslandskorrespondenten, Paul Adam, in das beschauliche Muldental, um über den Verbleib und die Zukunftschancen der Minderjährigen aus Afghanistan zu berichten.

Die Geschichten hinter den Einzelschicksalen berührten auch das Team um den Redakteur Paul Adam, der normalerweise direkt von den Brennpunkten der weltweiten Kriegsgebiete berichtet. Dass die BBC auf Tanndorf aufmerksam wurde, ist einer britischen Sprachenstudentin aus Geithain zu verdanken, die an der Paul-Günther-Schule ein Praktikum absolviert. Natascha ist die Nichte der Produzentin und Moderatorin Eleanor Montague, die auch die Beiträge von Paul Adam produziert. Das Team aus Großbritannien war von dem Umgang mit den Flüchtlingskindern im Muldental beeindruckt. Vergleichend stellte Paul Adam fest, dass Schule und Unterkunft in Europa als Standard gelten sollten. Ihm seien auch andere Formen der Unterkunft und Fürsorge in England und Europa bekannt, die kein gutes Beispiel seien. Ungewohnt war für das britische Reporterteam auch der zwanglose Umgang und die Integrationsarbeit, den die mittlerweile fünzehn Jungs aus Tanndorf beim Grimmaer Ruderclub e.V. erfahren dürfen. Sprachprobleme gäbe es augenscheinlich nicht. Sepp Hoffmann, zweiter Vorsitzender des Vereins und Trainer der Tanndorfer „Olympiaruderer“ brachte es dann auch schmunzelnd auf den Punkt: „wo es an der Sprache mangelt, gibt es immer noch Hände und Füße und außerdem „Junge, Junge, Junge!“ versteht jeder!“ Auch für Christian Kamprad war die Einladung und das Hilfsangebot des Grimmaer Ruderclubs fast ein Geschenk des Himmels.

„Wir können den Kindern helfen Bildung zu erlangen, einen Beruf zu erlernen, ein Bett und Essen zur Verfügung stellen aber wir können ihnen nicht die Eltern ersetzen. Ich konnte ein starkes Team aufbauen, dass irgendwo ein Zwischending von Eltern, Freunden und Fürsorgeeinichtung darstellt. Meine größte Sorge war jedoch, was wir den Jungs hier auf dem Land in ihrer Freizeit nichts anbieten können, da ist Langeweile vorprogrammiert. Wenn dann ein solches Angebot, wie das vom Ruderclub Grimma kommt, ist das schon so etwas wie Weihnachten und Ostern zusammen. Für Freizeitaktivitäten haben wir nur ein ganz geringes Budget zur Verfügung und dann steht plötzlich Sepp in der Tür!“ Der Vereinsvorsitzende des Ruderclubs Hubertus von Below, der selbst schon in vielen Ländern studiert und gearbeitet hat, kennt die Ängste, Nöte und Wünsche von Migranten nur zu genau und wollte von Anfang an, dass sich der Verein in die Integration der Zuwanderer einbringt und holte seinen Stellvertreter Sepp Hoffmann mit ins Boot. Seitdem gehören die Kinder mit zum Inventar. Dass Sport nicht nur wichtig für die Fitness ist, liegt dabei auf der Hand. Die Jungs lernen so auf spielerische Weise die deutsche Kultur und die Sprache kennen. Grundvoraussetzungen für einen stolperfreien Start in ihr neues Leben in Deutschland.

Christian Kamprad würde sich aber noch mehr für seine „Jungs“ wünschen. Paten! Auch die Deutschen konnten schon die Vorzüge von Patenschaften kennenlernen. Nach dem zweiten Weltkrieg übernahmen Schweizer Bürger die Versorgung und Integration versprengter deutscher Familien und Wehrmachtssoldaten. Kinder aus Deutschland wurden nach dem Krieg in die europäischen Nachbarländer verbracht, darunter auch Frankreich, die Niederlande, Großbritannien und Irland, die sogenannten Shamrock-Kinder (Kleeblattkinder).  Genau hier aber liegt das Problem, eine Patenschaft bringt auch eine große Verantwortung mit sich. Der Pate nimmt ein Kind, wie ein Mentor mit an die Hand, vermittelt ihm die Werte unserer Gesellschaft und hilft ihm so bei seiner Ankunft in unserer Gesellschaft. Er wird zur Bezugsperson, zum „besten Freund“ des Kindes oder jungen Erwachsenen.

Kultur kann man nun einmal nicht nur aus Büchern oder Vorträgen erlernen, sondern man muss sie erleben und begreifen; eben sehen, anfassen,schmecken, hören, fühlen und riechen.

Foto und Text: Detlef Rohde