Sachsen. Nachdem in der Vorsaison 2020/2021 weder in Deutschland noch in anderen europäischen Staaten eine Grippewelle nachweisbar gewesen war, sei die Influenza-Aktivität der diesjährigen Influenzasaison im Vergleich zur Vorsaison deutlich gestiegen.
So kamen laut Gesundheitsministerium ab der 40. Kalenderwoche (KW) 2021 bis zur einschließlich 17. KW 2022 insgesamt 1.859 Influenzaerkrankungen (darunter bisher drei Todesfälle) zur Meldung. Die Todesfälle betrafen jeweils ungeimpfte Patientinnen im Alter von 64, 80 und 90 Jahren. Es wurden mit einem Anteil von 93 % hauptsächlich Influenza A-Viren nachgewiesen. Bis auf 28 (1,5 %) waren alle Betroffenen ungeimpft; 210 Patienten (11 %) mussten im Krankenhaus behandelt werden. Nichtsdestotrotz zeigte sich die Influenza-Aktivität in der diesjährigen Saison insgesamt niedrig und blieb unter dem Niveau der vorpandemischen Saisons, in denen jeweils deutlich über 20.000 Fälle übermittelt wurden. Der Berichtszeitraum der Influenzasaison 2021/2022 wurde mit dem Ende der 17. KW abgeschlossen.
Gesundheitsministerin Petra Köpping: „Die weiterhin niedrige Zahl der Grippefälle ist ein Nebeneffekt der Coronapandemie. Die Hygieneregeln mit Masken- und Abstandspflicht hatten einen maßgeblich positiven Einfluss auch auf die diesjährige Grippewelle wie auch auf andere, auf den gleichen Wegen übertragbaren Infektionskrankheiten wie Keuchhusten. Auch wenn die zweite Influenza-Saison in Folge eher mild verlief, ist die Influenza dennoch keine harmlose Erkrankung, vor der man sich durch eine Impfung schützen sollte.
Innerhalb des sächsischen Influenza-Sentinels wurden, wie bereits in der Vorsaison auch 2021/2022 keine Influenzaviren nachgewiesen, wobei die eingesandte Probenzahl mit nur 14 Proben insgesamt sehr niedrig ausfiel. Im bundesweiten Sentinel der Arbeitsgemeinschaft Influenza am Nationalen Referenzzentrum wurden bis zur 17. KW 2022 aus 150 der während der gesamten Saison eingegangenen Proben Influenzaviren nachgewiesen. Auf europäischer Ebene wurden in 6.158 der insgesamt 51.594 Sentinelproben Influenzaviren detektiert.
Eine Grippewelle nach der Definition der Arbeitsgemeinschaft Influenza hat auf Bevölkerungsebene in der Saison 2021/2022 nicht stattgefunden. Stattdessen wurde die Aktivität der akuten Atemwegserkrankungen (ARE) zu Beginn der Saison sowohl in Sachsen als auch bundesweit durch eine vergleichsweise früh aufgetretene und ungewöhnlich starke Respiratory Syncytial-Virus (RSV)-Zirkulation bestimmt. Nachdem im Winter 2020/2021 eine RSV-Welle ausgeblieben war, zeichnete sich ab September 2021 ein merklicher Anstieg der RSV-Fallzahlen ab, der seinen Höhepunkt im Oktober 2021 erreichte. Auch nach dem Ende der RSV-Saison in der 50. KW 2021 verblieb die Influenza-Aktivität auf einem niedrigen Niveau. Stattdessen wurde die ARE-Aktivität nun zunehmend durch die Omikron-Variante (B.1.1.529) von SARS-CoV-2 bestimmt.
Es ist bekannt, dass, wenn bestimmte Infektionserreger dominieren, andere »verdrängt« werden und deutlich weniger häufig auftreten. Auch dies hat in der Influenza-Saison 2021/2022 sicherlich eine Rolle gespielt. Hierfür spricht auch, dass der saisonale Anstieg der gemeldeten Influenzaerkrankungen in Sachsen erst ab der 10. KW 2022 und damit vergleichsweise spät begann. In der 12. KW 2022 wurden dann erstmals in dieser Saison über 100 Influenza-Fälle in einer Woche gemeldet. Zeitgleich ging die 7-Tage-Inzidenz der SARS-CoV-2-Infektionen in Sachsen zurück und der Gipfel der Omikron-Welle wurde überschritten. Es bleibt abzuwarten, ob sich der weiterhin anhaltende Anstieg der Influenzaerkrankungen auch nach der 17. KW 2022 noch weiter fortsetzt und zu einer späten, außersaisonalen Grippewelle führt.
Trotz der zweiten milden Influenza-Saison in Folge gilt, dass die Influenza keine harmlose Erkrankung ist und man sich durch eine Impfung schützen sollte. Gerade nach einer milden Saison ist im kommenden Winter mit einer stärkeren Welle zu rechnen. Dies auch deshalb, weil die Influenzaviren dann auf eine empfänglichere Bevölkerung treffen, die, da sie sich längere Zeit nicht mit dem Erreger auseinandersetzen musste, weniger Immunschutz aufweist als in Vorjahren mit starker Influenza-Ausbreitung.
Da Influenza-Viren hauptsächlich über direkten Kontakt von Mensch zu Mensch übertragen werden, haben vor allem Personen die (z. B. berufsbedingt) viel Kontakt mit anderen Menschen haben, ein erhöhtes Infektionsrisiko. Außerdem ist die Gefahr eines schweren Krankheitsverlaufs für Schwangere sowie für Menschen mit chronischen Grunderkrankungen wie Herz-, Atemwegs-, Leber-, Nierenerkrankungen, Diabetes mellitus oder Immundefekten deutlich größer. Für die genannten Personengruppen ist daher eine Impfung gegen Influenza besonders wichtig. Grundsätzlich wird sie seitens der Sächsischen Impfkommission als Standardimpfung für alle Personen ab dem 7. Lebensmonat empfohlen.
Kein Impfstoff bietet einen hundertprozentigen Schutz. Vor al¬lem Personengruppen (z. B. ältere oder chronisch kranke Men¬schen), deren Immunsystem generell weniger gut auf Impfungen anspricht, entwickeln zum Teil nicht die gewünschte Immunant¬wort. Demzufolge ist ein Impfschutz insbesondere für Angehörige, Betreuungspersonen sowie medizinisches Personal wichtig, damit diese die Influenza nicht auf die Risikogruppen übertragen können.
Die Influenza-Schutzimpfung ist sicher und sehr gut verträglich. Als mögliche Nebenwirkungen können, wie bei anderen Impfungen auch, Lokalreaktionen an der Impfstelle, leichtes Fieber oder Unwohlsein auftreten. Die Auslösung der Virusgrippe durch die Impfung ist dagegen nicht möglich.
Aufgrund der sich ständig wandelnden Virusstämme ist es erforderlich, dass die Komponenten des Impfstoffes den mutmaßlich zirkulierenden Virusvarianten angepasst werden und eine jährliche Impfung durchgeführt wird, zumal die Schutzwirkung der Impfung (individuell unterschiedlich) meist auch nur einige Monate anhält.
Die Influenzawelle breitet sich mit unterschiedlicher Intensität Jahr für Jahr, beginnend meist in den ersten Januarwochen, aus. Da es ca. 10 bis 14 Tage dauert, bis nach der Impfung ein entsprechender Schutz aufgebaut ist, sollte eine Schutzimpfung möglichst ab Herbst bis Jahresende vorgenommen werden.