25 Jahre Kunst in Prösitz – Künstlergut feiert Jubiläum 2017

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Foto privat

Prösitz. Im April 1992 startete Ute Hartwig-Schulz in Prösitz mit einem bislang einmaligen Projekt in ganz Deutschland. Sie gründete das erste Künstlergut für Künstlerinnen. Zeit für ein Resümee!

Hintergrund waren sicher auch eigene Erfahrungen, die sie dazu trieben, einen Arbeitsraum für Künstlerinnen mit Kindern zu schaffen. Mit ihrem leichten Berliner Dialekt, der auch heute noch durchblitzt, weist sie auf die schwierige Situation von kunstschaffenden Frauen hin.

Wenn ein Mann Künstler ist, hat er es leichter, seinen Unterhalt zu erwirtschaften als eine Frau. Es fängt schon in dem Moment an, wenn eine Fau sagt, ich will Künstlerin werden, dabei ist es egal, ob sie Musikerin, Bildhauerin oder Malerin wird. Sie muss sich entscheiden, ob sie den Beruf oder die Familie wählt! Und da wollte ich etwas tun, warum soll eine Frau nicht Künstlerin und Mutter sein?

Ute Hartwigs Augen funkeln, es ist ein Thema, dass sie zur Genüge kennt und dass ihren Blutdruck steigen lässt! „Wenn man als Frau in einem Künstlerhaus arbeiten möchte, dann wird man sofort darauf hingewiesen, dass man nur ohne Kinder kommen soll, oder es wird gesagt, klar Kinder können sie mitbringen, nur leise müssen sie sein!

Im Vorfeld zu dem Künstlergut, stand die Gründung eines Vereins, durch den die Sanierung erst möglich wurden. Nach und nach wurde das erste Gebäude saniert, die Lebensbedingungen waren „abenteuerlich“, da Arbeitsplatz und privater Wohnraum eine Einheit bildeten. Fast unbemerkt wurde im laufenden Betrieb über einen Zeitraum von 11 Jahren bis ins Jahr 2003 das Nebengebäude saniert, in dem heute der Wohnraum für die Künstlerinnen ist. Auch hier geschahen kleine Wunder, ohne die alles noch viel länger gedauert hätte.

So berichtet Ute Hartwig-Schulz von Gesellen auf Wanderschaft, die kräftig mitgebaut haben und deren schriftliche Zeugnisse noch heute im Putz zu bestaunen sind. Nicht nur deshalb, findet bei der Künstlerin, so mancher Wandergeselle auch heute noch ein Obdach, wenn er durch Prösitz kommt. Von der Politik fast gänzlich unbeachtet, entsteht in Prösitz ein Projekt, dessen Bedeutung bis heute kaum wahrgenommen wird. Das wird Ute Hartwig-Schulz immer wieder bewusst, wenn sie mal außerhalb der Region ist.

Jugendkurs

 Ute Hartwig-Schulz (re.) bei einem Kurs mit Jugendlichen Foto: Detlef Rohde

„Unsere Ausstellungsreihe zum 10-jährigen Jubiläum in Grimma, Potsdam und Bonn (2003) war für mich ein markanter Höhepunkt. Gerade Bonn gab mir das Gefühl, dass wir auf der absolut richtigen Fährte sind, wenn wir Kunst mit sozialem Engagement verknüpfen. Erst seit 2003 können wir unser Programm „Werkstatt für Bildhauerin mit Kind“ unter besseren räumlichen Voraussetzungen umsetzen.´Somit wurden auch erst unsere Kunstwerke im öffentlichen Raum möglich: durch die Symposien, durch die Workshops und kreativen Begegnungen im Hof. Es bleibt einfach das Erfolgsrezept, dass Künstlerinnen mit Kind zum Kunstmachen eingeladen werden können. Ein Rätsel bleibt es für mich, warum dies immer noch nicht zum Allgemeingut geworden ist.

Sie blickt aus dem Fenster und erinnert sich an eine weitere Sternstunde von Vielen. Im Jahr 2003 geriet ein Kunstprojekt in Gefahr, da die finanziellen Mittel nicht in bar vorhanden waren. Das war der Moment, als unerwartete Hilfe aus der Politik kam. Der Grundstein für diese Hilfe wurde allerdings schon 1994 gelegt, ohne dass es die Beteiligten erahnen konnten.

„Ich erinnere mich noch an den ersten Besuch des damaligen Landrates Dr. Gey – ich glaube, das war 1994 – auf dem Hof, wo wir ihn wegen der vielen Baustellen im Hause, in unserem privaten Wohnzimmer empfangen hatten. Er schenkte uns ein offenes Ohr und zeigte sich an unseren Zukunftsvorstellungen interessiert. Keine fünf Jahre später zeigte sich, wie wichtig diese Begegnung in Prösitz war. Für unser Projekt, das „3.bundesweite Steinmetz- und Maurertreffen“ fand sich buchstäblich niemand, der für das nötige Darlehen bürgen wollte. Als ich den Landrat verzweifelt anrief, ließ er mich als Privatperson bürgen. Ohne diese Hilfe, wäre eine wichtiges Projekt schlichtweg ausgefallen!“

Vielleicht ist das auch ein Grund, warum eine kleine Büste des damaligen Landrates Gey in der Werkstatt als ein Zeichen für Zuversicht steht. Dennoch war nicht alles eitel Sonnenschein.

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 Eine kleine Büste des damaligen Landrates Gey steht in der Werkstatt als ein Zeichen für Zuversicht Foto: Detlef Rohde

Dann kam ein markanter Tiefpunkt. Das war 2009, als unsere Ausstellung „Skulptur im Garten“ auf dem Schlossgelände der Hubertusburg in Wermsdorf zu 100% mit roher Gewalt zerschlagen wurde. Der Schaden war enorm! Ich war sauer, die Künstler waren sauer und die Täter wurden nie ermittelt! Ebenso war es in Mutzschen, auch dort versuchte man ein Kunstwerk zu zerstören, was zum Glück misslang, dennoch ist auch dort ein erheblicher Schaden entstanden.

Zum Glück sind solche Zerstörungen eine seltene Ausnahme geblieben. Vielmehr ist es so, dass Ute Hartwig-Schulz mit ihrer Tätigkeit viele Regionen miteinander verbinden kann. Ihr Einsatz für die Via Regia hat dazu beigetragen, dass sich nicht nur Regionen bundesweit vernetzt haben, sondern auch engste Kontakte nach Polen und in andere Länder entstanden sind, die so nie stattgefunden hätten.

25 Jahre fühlen sich an – wie: ja – wir haben es geschafft! Das ist natürlich eine Freude und das Glücksgefühl breitet sich aus. Ich bin auch froh, dass wir einen sehr engen Kontakt zu den Künstlerhäusern, wie der Denkmalschmiede Höfgen und zur Schaddelmühle haben und so manches Projekt gemeinsam realisieren konnten.“ Ein Aspekt, dessen Bedeutung für die Region nur Wenigen bewusst sein wird.

Jedes Künstlerhaus lebt durch seine Künstler, die es beherbergt und an die Öffentlichkeit bringt. Dabei profitiert als gemeinsamer Nutzer das Publikum, die Besucher und die Region, die es zu gestalten gilt. Markante Höhen und Tiefen gehören immer dazu.

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 Der Leuchturm in Mutzschen Foto: Detlef Rohde

Aber noch etwas liegt der Künstlerin am Herzen.

„Im Rückblick auf die Vergangenheit sind vor allem immer die Menschen wichtig gewesen, auf die im Hause stets Verlass war. Das sind in erster Linie unsere Mitarbeiter, Praktikanten und Vereinsmitglieder. Dass sie mehr oder weniger einen Arbeitsvertrag besitzen, verdanken wir natürlich den Förderinstanzen wie dem Kulturraum Leipziger Raum, dem Kommunalen Jobcenter oder dem Arbeitsamt. Da schließt sich der Kreis wieder: Auch unsere kulturzugewandte Politik ist Voraussetzung dafür, dass wir als Künstlergut Prösitz existieren können.

Jetzt aber gilt es, die 25-Jahr-Feier zu gestalten, bei der das Künstlergut gleich mit zwei Ausstellungen vertreten ist. Eine Ausstellung wird in Grimma, die andere im Landtag in Dresden stattfinden.

Derzeit läuft im Internet auch eine Crowdfunding-Aktion für einen neuen Transporter für das Künstlergut. Dabei können Interessenten große und kleine Kunstwerke erkaufen, deren Erlöse in das neue Auto fließen werden. Fundingziel sind 9000 Euro. Unter dem Link: Ein Auto für das Künstlergut – Startnext – startnext.com findet man alle Informationen.

Text: Detlef Rohde