Naunhof. Als ob der Tarifstreit und der Bestechungsskandal nicht schon genug wären, will man nun die Kindertagesstätten privatisieren und über Probezeiten von leitenden Stadtangestellten richten.
So fand gestern Abend ein Bürgerforum zu den aufgezählten Dingen im alten Kranwerk in Naunhof statt. Organisiert wurde das Ganze durch die Stadträte Eichhorn und Plischke (beide LINKE). Ziel war es die jetzige Situation zu erläutern und auf breiten Schultern zu diskutieren. Im Publikum mit etwa 150 Zuschauern hatte sich einer aus der „Stadtratsmehrheit“ eingefunden, Marcus Blankenburg (UVW). Außerdem war ebenfalls anwesend, Dieter Schenk, der aktuell ohne Partei im Stadtrat sitzt. Er ist vor einiger Zeit aus der Bürgerinitiative für Naunhof (BiN) ausgetreten. Nach eigenen Worten weil die Zielstellung der Fraktion plötzlich eine Andere war als ursprünglich gemeinsam beschlossen.Zu den Moderatoren gehörten neben Michael Eichhorn, Vertreterin des ver.di Landesbezirkes Ines Kuche, Landtagsabgeordneter Enrico Stange sowie Christian Plischke.
Eichhorn ging in seiner Rede auf grundsätzliches ein. So schwellt der Brand schon seit Beginn an im Stadtrat. Das man mit der demokratischen Wahl des Bürgermeisters Zocher nicht zufrieden war, zeigt sich mittlerweile in viellerlei Beispielen. Schon bei der konstituierenden Sitzung wurde damals eine allgemein gültige, von anderen Kommunen verwendete Vorlage unbegründet abgeschmettert. Das Recht die Satzung entsprechend den eigenen Wünschen mittels Anträgen anzupassen wollte hier aber auch niemand nutzen. Eichhorn bezeichnete das als Kompromisslosigkeit des Stadtrates und unterstrich in seinem Vortrag das Ganze mit weiteren Beispielen. So lass er den derzeit aktuellen Flyer der „Tarifgegner“ zum Teil öffentlich vor und wiederlegte verschiedenste Behauptungen und entlarvte sie schlicht weg als falsch. Laut seinen Einschätzungen arbeitet der Stadtrat mittlerweile nur noch gegen den Bürgermeister und greift auch zu hinterhältigen Attacken. „Es wird jede Kleinigkeit genutzt um den Bürgermeister unverhältnismäßig anzugreifen. Die Stadt steht aktuell still!“ Diese Sicht bestätigte auch Schenk der zum Teil schwere Vorwürfe gegen seine Stadtratkollegen erhob.Ines Kuche war als außenstehende Gewerkschafterin gekommen, ver.di ist bei den Verhandlungen nicht beteiligt, um hier ihre Sicht der Dinge zu schildern. Sie hält die Situation für außerordentlich bedauerlich. Für Sie ist es ein Unding dass ein Stadtrat über die Löhne entscheiden will. Die Arbeitnehmer haben einen Arbeitsvertrag mit der Stadt und nicht mit dem Stadtrat. Es ist nicht die Aufgabe eines Stadtrates, Löhne zu bestimmen sondern das Gesamte im Blick zu haben und dementsprechend zu beschließen oder zu reagieren und dann dementsprechend sachlich zu diskutieren, schilderte sie ihre Auffassung. Die Beschlussvorlage muss allerdings durch den Arbeitgeber, in dem Fall der Stadt eingereicht werden und das geht nur wenn man Verhandlungen zulässt und damit Gespräche führen kann.
Über den neuerlichen Vorstoß der Tarifgegner, die Kitas privatisieren zu wollen, wird sie deutlicher. Für Sie erinnert das Ganze an ein bockiges Kind. Die Angestellten streiken, nehmen ein Grundrecht war, und sollen nun dafür an freie Träger quasi „abgeschoben“ werden. Argumentation: Kosteneinsparung. Michael Eichhorn kündigte bereits an mit einem Bürgerentscheid dagegen vorzugehen, welches heute auch als Antrag vorliegen wird. Denn die Stadt muss ohnehin eine Umlage pro Kind, pro Monat an die freien Träger zahlen, die sich dann auch noch vermehren würden denn auch die freien Träger wollen derzeit mehr Umlage. Außerdem befürchtet er, dass die Stadt somit eine Handlungsfähigkeit im Bezug auf ihre Einnahmen verlieren wird. Außerdem schwäche es den Standortfaktor Naunhof als familienfreundliche Stadt. Zum Thema Erschließung der Parthenstraße des Investors Roßnagel, welcher mehrere Einfamilienhäuser in Naunhof errichten will sagte Eichhorn, die reinen Fakten können nur ein Beschließen des Projektes zur Folge haben. Der Investor hat sämtliche Unterlagen erbracht, diese wurden auch durch Stadt und Landkreis abgesegnet. Ein erneutes Ablehnen wäre einer Farce gleichzusetzten. Zu guter letzt ist nun auch ein Antrag auf der Tagesordnung, man wolle über den Ausgang der Probezeit der neu eingestellten Hortleiterin entscheiden und damit quasi über die Leistung urteilen. Ob ein Titelbild einer örtlichen Tageszeitung, auf der die besagte Hortleiterin streikend zu sehen war, eine Rolle spielt ist derzeit nicht bekannt aber auch bei dem Stadtrat durchaus möglich, meinen Kenner.
Alle Redner forderten einen sachlichen Umgang mit den Problemen der Stadt und keinen offensichtlichen Privatkrieg diverser Stadträte gegen den Bürgermeister.
So verspricht die heutige Stadtratsitzung wieder einmal spannend zu werden, das erste „Bürgerforum“ war jedenfalls ein Erfolg und soll fortgesetzt werden.