Mit Sand im Getriebe….

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Foto: MFBC PM/Ralf Kรผhne/Symbolbild

Hamburg/Grimma. 00:01 zeigte die Anzeigentafel in der Sporthalle Hohe Luft zu Hamburg. Grimma lag 1:0 durch ein Tor von Alexandra Kรผrth auf Vorlage von Anne-Marie Mietz schon vorn. Das Spiel versprach spannend zu werden.

Auch wenn sich dann auf dem ย Spielberichtsbogen die Zeit von 00:02 wiederfand, war es ein sehr, sehr schnelles Fรผhrungstor. Anstossbully durch Mietz gewonnen und Schuss und Abpraller und Nachsetzer und Tor Kรผrth. Manchmal wirken sich solche Ereignisse schon mal nervenberuhigend bis zum Schluss bei 60:00 aus. Nicht so am vergangenen Wochenende. Der MFBC bestimmt das erste Drittel und Hamburg setze wie gewohnt auf Konter. Konter die diesmal von Beginn an mit hohem Tempo und zielgerichtet auf das von Jean Fischer gehรผtet Tor gestartet wurden. Grimma mรผhte sich und erkรคmpfte sich gute Chancen, die aber nicht den Weg ins Tor des Heimteams fanden. Auf der anderen Seite hielt Fischer die Null fest, so dass Grimma mit einer Fรผhrung in die Drittelpause ging.

Im zweiten Abschnitt sollte es besser gemacht werden, so ging man wieder auf die Platte. Es wurde aber schlechter. Die Piranhhas zeigten sich besten eingestellt, verdichteten die Abwehr und konnten immer wieder Grimmaer Bรคlle zu leicht vor ihrer Box abfangen. Und los ging sie, die wilde Jagd. Ungenauigkeiten im Passspiel, zu leichte Ballverluste waren meist der Ausgangspunkt. Von hinten wurde nicht konsequent nachgerรผckt, so dass sich im Mittelteil des Spielfeldes eine Lรผcke fรผr flรผssiges Kombinationsspiel der auf Konter setzenden Mannschaft bot. Das war Team Hamburg und die machten es sehr gut. ย ย In der 22. Minute kam es zum Ausgleich und in der 27. Minute zum Fรผhrungstreffer. Danach musste Fischer immer mal beherzt eingreifen, die aber alle drei Treffern nicht verhindern konnte. Auch die Herausnahme der dritten Linie Mitte des zweiten Drittels fรผhrte zu wenig Verbesserung im Grimmaer Spielfluss.

Headcoach Ralf Kรผhne hatte sich trotz erneuter berufsbedingter Ausfรคlle fรผr die Variante mit den drei Linien entschieden. Und bei der dritten Linie merkte man das Fehlen von Charlotte Rรผssel und Jasmin Maudrich doch deutlich. Die Reihe mรผhte sich und kรคmpfte vorbildlich, aber die Verunsicherung und ein immer mehr hilfloses Agieren in den beiden anderen Linien wirkte dabei nicht fรถrderlich. Und am Ende diese Drittel gelang der Hamburger Kapitรคnin Ina Jensen auf Vorlage von Ellen Kunigk das schรถnste Tor des Tages. Ein erneuter Konter, Kunigk legte den Ball mit einer Dreh-Rรผcklage – oder wie immer man dieses Kunststรผck aus dem Lauf nennen mรถchte – auf Jensen und Tor. Der Sand rieselte nur so aus dem Grimmaer Angriffsgetriebe. Die gute Nachricht blieb fรผr die Pausenunterhaltung, es hรคtte noch schlimmer kommen kรถnnen. Auch wenn Grimma eigene Chancen hatte, so wurden diese nicht konsequent verwertet. Auch eine Chance zum zwischenzeitlichen Ausgleich mittels Penalty wurde vergeben. Es schien zum ersten Mal seit einer Ewigkeit keine richtige Antwort auf die Spielweise der Piranhhas zu geben. Diese sind immer voll motiviert und handfest unterwegs. Diesmal aber mit einem klaren Plan, der aufzugehen schien. Aber was bei Handball-WM wie eine Sensation gefeiert wird, kam beim MFBC Grimma durchaus schon mal vor. In Berlin oder zuletzt in Kรถln fragte Trainer Christian Prokop seine Mannen, was sie in bestimmten Situationen zu spielen gedenken. Bevor sich Kรผhne in die Kabine aufmachte, fragte er Mietz nach ihrer Meinung.

Schnell war klar, dass nur eine Systemumstellung einen besseren Zugriff auf das Spiel bringen wรผrde. So spielte Grimma wieder ein seit Jahren nicht mehr gespieltes 2:1:2-System, welches Kรผhne seinen Mรคdels in der Kabine verkaufte. Dazu zwei personelle Verรคnderungen in der Linie 2. Dieser taktische Kniff brachte die erhoffte Verรคnderung auf dem Feld. Auch eine Zeitstrafe gegen Kรผrth wegen รผberhartem Kรถrpereinsatz (44.) verunsicherte Grimma nicht. Gut wurde die Unterzahl runter gespielt und gleich nach dem Ablauf der Strafe durch Mietz der Anschlusstreffer erzielt (46.). Hamburg kam mit dieser Systemumstellung nicht wirklich zurecht, zumal die eigene Variante โ€žKonter und Torโ€œ nicht mehr so zur Entfaltung kam. Die Wikingerinnen gewannen ihre Selbstsicherheit zurรผck und brachten sich durch Tore von Mietz und Bรถttrich in Fรผhrung (50./52.). Aber die Nagelprobe in Punkto Selbstsicherheit sollte noch folgen. Stefanie Reinhardt musste in der 56. Minute wegen StoรŸen auf die Strafbank. Kurz zuvor wurde bei einer gleichen Situation eine Hamburger Spielerin nicht bestraft. Aber trotz der Probleme in den ersten 40 Minuten konnten die MFBC-Girls im Vergleich zum Pokal-Viertelfinale kurz vor Weihnachten diesmal gegen die Nordlichter Unterzahl spielen. Und am Ende war es Bรถttrich, die nervenstark einen Konter zum fรผnften Treffer abschloss (57.). Am Ende ein hart erkรคmpfter Sieg in der Hansestadt.

Kรผhne konnte wieder wichtige Erkenntnisse mitnehmen, wobei eine Erkenntnis lautet, dass auch aus der Kiste gezauberte und eigentlich verpรถnte Spielsysteme wie eine Wunderkur wirken kรถnnen. Gerade dann, wenn man an seine eigenen Fรคhigkeiten glaubt und der Support von der Bank so stark ist, wie am letzten Samstag. Da der Spieltag am 26. Januar gegen Bonn wegen der anstehenden WM-Qualifikation der Damen-Nationalmannschaft in den Mรคrz verlegt wurde, treffen die Wikingerinnen als nรคchstes am 10. Februar in WeiรŸenfels auf ihrer Dauerrivalinnen. Hier wird sich mit entscheiden, ob Grimma am Ende der Hauptrunde mit Platz 1 in die Playoffs gehen wird.
ETV Lady Piranhhas Hamburg โ€“ MFBC Grimma 3:5 (0:1, 3:0, 0:4)