Döben. Am Mittwoch trafen sich rund 50 Mitglieder des Bundes der Vertriebenen (BdV) aus Leipzig und dem Landkreis Leipzig zum vierten Mal auf dem Schlosshof Döben.
Alle Besucher waren am Ende des Zweiten Weltkrieges entweder selber oder als deren Nachfahren von Flucht und Vertreibung vorwiegend aus Ostpreußen betroffen. Dass der Schlosshof Döben als Veranstaltungsort ausgesucht wurde, hat auch mit der Geschichte der Familie von Below zu tun, die selbst zum Ende des Krieges ihren Gutshof im ehemaligen Gumbinnen bei Königsberg, dem heutigen Gussew bei Kaliningrad in Russland, verlassen musste.
Peter Wolf, Präsident des BdV, ist allerdings kein Freund der Heimattümelei. In seiner Ansprache verwies er auf die Millionen Menschen in Europa, die nach dem Krieg ihre Heimat zwangsweise verlassen mussten. Ob Litauer oder Luxemburger, Russen oder Polen, sie alle mussten einen hohen Preis für den Krieg bezahlen. „Über die Vertreibung zu reden sei lange Zeit in der DDR verboten gewesen,“ so Wolf. So wurde beispielsweise das Leid der Vertriebenen durch die Sprachregelung in der DDR mit dem Begriff „Umsiedler“ verharmlost.
Die Unterstützung des Bundes der Vertriebenen durch den Freistaat Sachsen beweist, dass das Thema auch heute noch aktuell ist und von der Politik gewürdigt wird, Der Landtagsabgeordnete Georg-Ludwig von Breitenbuch (CDU) nahm als offizieller Vertreter der Landesregierung an dem Treffen in Döben teil.
Der Dresdner Wissenschaftshistoriker Dr. Gerhard Barkleit berichtete über aktuelle, von Korruptionsvorwürfen begleitete Baumaßnahmen im Kaliningrader Gebiet anlässlich der anstehenden Fußballweltmeisterschaft und die derzeitig belasteten deutsch- russischen Beziehungen. So stand das Deutsch- Russische Haus in Kaliningrad unter dem Verdacht, „als Einrichtung von ausländischen Agenten“ zu fungieren und musste daraufhin im Januar 2017 geschlossen werden. Ebenso wird das Gedenken an die in Königsberg geborene Philosophin Hannah Arendt dort behindert, weil sie nicht nur Nazideutschland, sondern auch die Sowjetunion als totalitären Staat bezeichnete. Immanuel Kant hingegen erfreut sich noch heute größter Beliebtheit.
Zu feiern gab es bei der Veranstaltung auch etwas. Der Chor des BdV „Lied der Heimat“ feiert in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen. Gerade bei den lyrischen Texten des Ännchen von Tharau, sah man den Besuchern an, wie offen noch die Wunden sind und auch bleiben werden. Manch einer kämpfte mit den Tränen, als die alte Heimat besungen wurde, in der er seine Kindheit verbracht hatte. Immer wieder kamen Erinnerungen an die große Flucht auf, bei der unzählige Menschen starben.
Heute ist Ostpreußen ein fernes Urlaubsziel. Für viele gilt es, mal wieder die alte Heimat zu besuchen, so lange es gesundheitlich noch möglich ist. Es ist die Kultur und der kulturelle Austausch, der die Länder unverbrüchlich in ihrer Geschichte vereint.
Foto: v.l.n.r. Peter Wolf, Hubertus von Below, Dr. Gerhard Barkleit, Georg-Ludwig von Breitenbuch MdL