Stadtrat macht Weg für weitere mögliche Flüchtlingsunterkunft frei

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Grimma. Heute stand die Beschlussfassung zur Änderung des Bebauungsplans für das Gewerbegebiet Lausicker Straße, welches auch das Massagelände betrifft, auf der Tagesordnung. Der Stadtrat stimmte zu, allerdings nicht ohne hitziger Diskussion und Begründung.

Vor gut drei bis vier Wochen gab es ein Treffen zwischen Vertretern der Stadt und den Verantwortlichen zur Asylunterbringung des Landkreises um die von der Stadt bevorzugten Unterbringungen von Flüchtlingen auf dem Massagelände und in dezentraler Weise zu besprechen. Man einigte sich, laut Aussagen von Stadtentwicklungsamtleiter Jochen Lischke, das Projekt Massagelände anzugehen. Seitens des Landkreises wurde volle Kostenübernahme signalisiert, jedoch bis heute nicht schriftlich bestätigt.  Um das Ganze voran zu treiben musste der Stadtrat heute darüber entscheiden ob der Bebauungsplan dahingehend, zur Errichtung von sozialen Einrichtungen im Gewerbegebiet, geändert werden solle. Oberbürgermeister Matthias Berger erläuterte daraufhin allerdings, dass sich durch die Belegung der Turnhalle des BSZ und die nun wirkliche Unterbringung im Roten Ochsen die Faktenlage deutlich geändert hätte. Außerdem zweifelte Berger die Aussagen des Landkreises über die Bezugsdauer der Turnhalle, aktuell drei Monate, an. Aktuell muss man, laut Berger, davon ausgehen dass das Massagelände eher als Entlastung für die Bestehenden Unterkünfte gesehen werden müsse und langfristig als Ersatz für das Asylheim Bahren konzipiert werden sollte.

Christian Donner (BfG) äußerte dahingehend Bedenken, dass man durch den Beschluss eventuell sogar den Weg für eine dritte Unterkunft im Stadtgebiet frei machen könnte. Jochen Lischke entgegnete das es durch die Änderung auch möglich ist, andere soziale Einrichtungen und nicht nur Asylheime anzusiedeln. Berger äußerte sich auch kritisch über die Vorgehensweise beim Roten Ochse, „wo geltendes Recht außer Kraft gesetzt wurde“ und zog Vergleiche, dass bei normalen Bürgern zb. Carporte abgerissen werden müssen wegen Umweltschutz und Ähnliches. Es sei schwer den Bürgern das zu erklären. Johannes Heine (FW) machte klar dass die Stadt Grimma hier nur die Grundlage schaffen kann, Planung und Bau obliegen dem Landkreis und darauf hat die Stadt selbst keinen Einfluss, genauso wie beim Roten Ochsen und die Belegung der Turnhalle. Den einzigen positiven Effekt dieser Grundlage sieht er darin, dass nicht noch weitere Turnhallen im Stadtgebiet belegt werden oder gar städtische Turnhallen beschlagnahmt werden. Wie wir aus sicheren Quellen erfuhren gab es bereits solche Überlegungen seitens des Landkreises. Ute Kniesche (FW) kritisierte den Landkreis, Mitglieder des Kreisrates werde bei den Entscheidungen zur Asylpolitik regelrecht gedroht, quasi „Die Pistole auf die Brust“ gedrückt mit der Begründung, dass wenn nicht zugestimmt werde, würde der Freistaat Sachsen selbst aktiv werden würde um solche Unterbringungen wie den Roten Ochsen zu realisieren. Berger selbst sieht die Entwicklung im Allgemeinen kritisch. Derzeit wird alles belegt was greifbar wäre, fügte er an.

Tobias Burdukat (BfG) sieht im Massagelände mit einer ordentlichen Unterbringung eine Chance und äußerte erhebliche Bedenken im Umgang mit der Betreibung der Turnhalle des BSZ. Er als freiwilliger Helfer sieht täglich vor Ort in der Halle welche Probleme es gibt. „Das DRK ist absolut nicht in der Lage die Notunterkunft in der BSZ Turnhalle zu betreiben, vollkommen überfordert.“ Das DRK sei nicht fähig ein Netzwerk im Bezug auf die zahlreichen ehrenamtlichen Helfer und dem enormen Spendenaufkommen, aufzubauen, ließ er verlauten. Die Mitarbeiter des DRK vor Ort und die freiwilligen Helfer fahren am Limit wie er uns später noch erklärte. Es gäbe keinerlei Koordinierung seitens des Landkreises und den Betreibern. „Wie es im Roten Ochsen weiter geht ist völlig offen“. Er wünscht sich, dass die Stadt Grimma ein aktives Netzwerk gemeinsam mit den freiwilligen Helfern aufbaut.

Dr. Thomas Zeidler (BfG), selbst ehrenamtlich tätig im DRK Muldental, wies die Vorwürfe Burdukats entschieden zurück. Das DRK betreibe in Döbeln ein Erstaufnahmelager mit großem Erfolg, dagegen sei Grimma sehr klein. Dabei verschwieg er allerdings, dass im November quasi über Nacht 230 Flüchtlinge spurlos in Döbeln verschwanden und erst Wochen später, teilweise im gesamten Bundesgebiet verstreut wieder auftauchten. Außerdem fügte er an, dass das DRK versucht Personal einzustellen, es aber keine geeignten Arbeitnehmer gäbe, man arbeite aber daran. Berger äußerte sich über aktuelle Ideen, man wolle das unterstützen, allerdings vorrangig die Unterbringungen welche dezentral in der Gemeinde vorhanden sind. Die derzeitigen Unterbringungen sind nur Zwischenlösungen. Die derzeit Untergebrachten werden später im gesamten Landkreis aufgeteilt und sind somit schwer greifbar um langfristig aktiv zu integrieren.

Karsten Schrempel (BfG) brachte den Antrag ein, den Beschluss von der Tagesordnung zunehmen und solange aufzuschieben bis eine Entscheidung auf Grund der Entwicklung der Flüchtlingsströme notwendig werde. Dieser wurde nicht einstimmig aber mehrheitlich abgelehnt. Begründet wurde das Ganze, dass es so besser sei als wenn vorranig weitere Turnhallen belegt werden würden wobei das auch nicht ausgeschlossen sei. Dem Bebauungsplan wurde ebenfalls nicht einstimmig aber mehrheitlich zugestimmt. Damit wurde der Weg für eine soziale Einrichtung im genannten Gewerbegebiet frei gemacht, was allerdings nicht heißt, dass hier auch ein Asylheim zwangsläufig entstehen wird. Für den Landkreis bedeutet es eine weitere Möglichkeit unter Vielen, die nun allerdings mit hohem Investitionspotenzial greifbarer als vorher ist.