Kita-Streit in Grimma: Eltern protestieren gegen drohende Schließungen

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Protest vor der Stadtratsitzung im September 2025 in Grimma
Protest vor der Stadtratsitzung im September 2025 in Grimma Foto: Sören Müller

Grimma. In den Grimmaer Ortsteilen Cannewitz, Fremdiswalde und Haubitz droht in den kommenden Jahren das Aus für gleich drei Kindertagesstätten. Grund dafür sind sinkende Kinderzahlen und hohe Sanierungskosten, wie die Stadtverwaltung erklärt. Viele Eltern und Anwohner waren empört – und machten ihrem Unmut lautstark Luft.

Lautstarker Protest vor Stadtratssitzung
Vor der Septembersitzung des Grimmaer Stadtrates standen rund 40 Bürgerinnen und Bürger mit Plakaten vor dem Grimmaer Rathaus. „Wir sagen STOPP zu Kita-Schließungen“ war darauf zu lesen. Auch während der anschließenden Stadtratssitzung blieb die Stimmung angespannt. Eltern, aber auch Vereinsmitglieder forderten in verschiedenen Wortmeldungen von Oberbürgermeister Tino Kießig (parteilos) klare Antworten und warfen ihm unter anderem vor, sie vor vollendete Tatsachen zu stellen. Der Fremdiswalder Richard Schicketanz aber auch die Ortsvorsteherin von Nerchau, Ute Kniesche erklärten im Vorfeld der Sitzung dem Medienportal-Grimma gegenüber, dass mit der Kita-Schließung ein Teil der Wurzeln im Ort verloren gehe, gleichwohl man die wirtschaftlichen Aspekte durchaus verstehe. Das Leben im Ort werde auch durch die Kitas mit geprägt, sei es durch Veranstaltungen, aber auch bei den alltäglichen Begegnungen im Ort.

Die Kita sei ein starker Anker im Ort, sowohl in Fremdiswalde, als auch in Cannewitz und Haubitz. Zudem gab es schon immer Schwankungen in der Kinderanzahl. Manche Kita blicke auf Jahrzehnte Bestand zurück. „Bei Kindern darf man nicht anfangen zu sparen!“ so die Ortsvorsteherin. „Kein Geld als Antwort! Sei zu einfach gedacht“ so die Fremdiswalderin und erfahrene Kommunalpolitikerin. Sie forderte ein stärkeres Einfordern bei Land und Bund welche an den Vorgaben mit einem nicht unerheblichen Teil beteiligt sind.

Stadt verweist auf Kosten und Demografie
Kießig bestätigte, dass die Schließungen in etwa drei Jahren geplant seien. Hintergrund seien beispielsweise marode Heizungsanlagen und ein Sanierungsbedarf, der die Stadt überfordern würde. „Ein Weiter-So ist nicht möglich. Wir müssen mit sinkenden Kinderzahlen und knappen Finanzen umgehen“, erklärte er. So sei die Auslastung kaum mehr mit den Aufwendungen für Personal-, als auch Instandhaltungskosten vereinbar.  „Selbst größere Städte wie Markkleeberg mussten Kitas mit geringen Belegungen schließen. Das wollte ich nicht kurzfristig entscheiden, sondern rechtzeitig ansprechen“, so Kießig in einem langen und ausführlichen Statement im Stadtrat. „Mir machen diese Entscheidungen keinen Spass, aber ich bin nicht angetreten, um Sie zu belügen“. Er verwies auf die Verantwortung von insgesamt 64 Ortsteilen.

Heftige Kritik von Eltern
Doch viele Eltern überzeugt das nicht. Sie fürchten lange Wege zu anderen Einrichtungen und zusätzlichen Belastungen. Viele Redebeiträge, teils sehr emotional, wurden vorgetragen. In der Innenstadt könnten einer Mutter zu Folge Kinder zu Fuß in die Kita gehen, ihnen werde aber das Fahren „zugemutet“. Auch Vorwürfe gegenüber Kießig, er würde den ländlichen Raum vernachlässigen, machte die Runde, doch das sei nicht so. Der OBM verwies auf die Entstehung des neuen und hochmodernen Kindercampuses in Mutzschen von dem auch die Fremdiswalder profitieren könnten. Die Kita in Mutzschen hangelt sich derzeit von Sondergenehmigung zu Sondergenehmigung und mit dem Wegfall der Kita sei auch die Mutzschener Grundschule in Gefahr.

Dem Medienportal-Grimma gegenüber betone die Stadtverwaltung, dass die Entscheidung Teil einer langfristigen Kitabedarfsplanung sei. Man wolle kleinere Einrichtungen bündeln und stattdessen die Standorte an Grundschulen stärken. Für jedes Kind in Grimma werde es weiterhin einen Kita-Platz geben. „Wir kommunizieren frühzeitig und transparent, um alle Beteiligten einzubinden“, erklärte Kießig. Mit Projekten wie dem geplanten Kinder-Campus in Mutzschen oder dem Städtebauförderprogramm in Nerchau werde der ländliche Raum bewusst gestärkt.  Die Stadt kündigte an, bis Ende des Jahres eine Entscheidung im Stadtrat herbeiführen zu wollen. Bis dahin wolle man aber weiterhin das Gespräch suchen. So sei eine Übernahme der betroffenen Kitas beispielsweise durch freie Träger durchaus denkbar. Die Eltern hingegen wollen weiter für jeden einzelnen Kita-Platz kämpfen, gegebenenfalls auch mit weiteren Protestaktionen.