Großeinsatz in Wurzen – 137 Einsatzkräfte im „Gefahrguteinsatz“

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Foto: Mike Köhler

Wurzen. Jede Menge Blaulicht war am Samstag in Wurzen unterwegs. Was war los?

Der Landkreis Leipzig führte am Samstag in Wurzen eine Katastrophenschutzübung durch. Übungsobjekt war die Firma World Resources Company GmbH (WRC). Das Unternehmen betreibt eine moderne Anlage zur Verwertung metallhaltiger Reststoffe aus verschiedenen Industriebereichen. Diese Reststoffe werden in den Produktionsanlagen der WRC zu Metallkonzentraten verarbeitet, die weltweit an NE- Metallhütten verkauft werden. Die NE Metallhütten verwenden die WRC- Metallkonzentrate als Metallrohstoffe oder Zuschlagstoffe und stellen daraus Primärmetalle oder Metallsalze her, die wiederum Ausgangsprodukte für die oben genannten Industriezweige sind.

„Die WRC ist ein Betrieb mit erweiterten Pflichten nach der Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImschV). Grund hierfür sind die verwerteten Abfälle mit umweltgefährdenden Eigenschaften. Aus diesem Grund wurde ein externer Notfallplan erstellt, der spätestens nach drei Jahren überprüft, erprobt und aktualisiert werden muss.“ informierte Mike Köhler, Pressesprecher des Kreisfeuerwehrverbands.

Angenommene Lage: Beim Umfüllen von stark Cyanid haltigen Prozessaltbädern in einen Behandlungsbehälter wurde durch einen Bedienungsfehler übersehen, dass sich noch eine größere Menge säurehaltigen Materials in der Vorlage befand. Dadurch wurden innerhalb kurzer Zeit große Mengen Salzsäure freigesetzt. Wie gefährlich ist Salzsäure? Salzsäure ist sehr aggressiv. Bei der „rauchenden Salzsäure“ entweicht Chlorwasserstoff in die Luft und bildet mit der Luftfeuchtigkeit Salzsäuretröpfchen, die mit der Luftfeuchtigkeit in der Luft schweben. Wenn man eingeatmet, verätzen sie das Gewebe, das mit ihnen in Berührung kommt – von den Angefangen von den Schleimhäuten in Mund und Nase über die Luftröhre bis hin zur Lunge, aber auch die Augen und natürlich die Haut. Weiterhin wurde angenommen, dass bei der Fehlhandlung 2 Mitarbeiter bei dem ersten Versuch, den Stoff durch das Errichten einer Barriere im Gefahrenbereich einzudämmen, bewusstlos werden. Aufgrund der Wetterlage kommt es zu einer Ausbreitung des Gefahrenbereiches in südwestlicher Richtung. Die Einsatzleitung wird von der Leitstelle Leipzig darauf aufmerksam gemacht, dass Meldungen über ein in der Nähe des örtlichen Magnus Gottfried-Lichtwer-Gymnasiums stattfindendes Kinderfest eingehen und die dortigen Besucher über Atembeschwerden und Hautreizungen klagen.

Foto: Mike Köhler

Dies führte zur Alarmierung einer Vielzahl von Einsatzkräften aus der Umgebung sowie von Katastrophenschutzeinheiten der Feuerwehr und des Deutschen Roten Kreuzes. Dabei mussten die Einsatzkräfte die Menschenrettung einleiten, die Wasserversorgung aufbauen und auslaufende Gefahrstoffe auffangen bzw. den Austritt stoppen. Hier mussten die Einsatzkräfte unter Chemikalienschutzanzügen und Atemschutz arbeiten. Weiterhin war es notwendig, die 10 betroffenen Personen in der Magnus-Gottfried-Lichtwer-Gymnasium durch den Organisatorischen Leiter Rettungsdienst (OrgL RD) und den Leitenden Notarzt (LNA) nach Verletzungsmuster zu sortieren, auch Patientensichtung genannt. Anschließend erfolgte fiktiv der Transport in geeignete Krankenhäuser.  Auch die Dekontamination der Einsatzkräfte wurde geübt.

Neben dem Oberbürgermeister der Stadt Wurzen, Marcel Buchta, war auch der Bürgermeister der Gemeinde Bennewitz, Bernd Laqua, vor Ort, um sich ein Bild von der Übungslage zu machen. Natürlich ließ es sich auch Landrat Henry Graichen nicht nehmen, den anwesenden Kameradinnen und Kameraden sowie den Helferinnen und Helfern für ihren Einsatz am Samstagvormittag zu danken. Auch Kreisbrandmeister Nils Adam, gleichzeitig Sachgebietsleiter für Brand- und Katastrophenschutz im Landratsamt, dankte den Anwesenden für die gezeigte Leistung, machte aber auch deutlich, dass eine ständige Weiterbildung wichtig ist, um die Herausforderungen zu meistern. Grundsätzlich könne man mit der Übung zufrieden sein, Defizite müssten aber in der laufenden Ausbildung aufgearbeitet werden, so Adam. An der Übung nahmen 137 Einsatzkräfte von Feuerwehr, Rettungsdienst, Sanitätseinheiten und Polizei teil.