Grimma. Dienstagabend stellte die Interessengemeinschaft „Altstadt beleben“ ihre Ideen und Projekte vor. Neben neuen Veranstaltungen und einem Wegeleitsystem sind auch ein SommerKino, Gratiswerbung, LED-Werbewรคnde und neue Parkuhren im Gesprรคch.
Das sogenannte Impulsteam hatte sich vor etwa zweieinhalb Jahren gefunden und bestehe derzeit aus etwa 20 Personen, die hauptsรคchlich aus Stadtangestellten und Mitgliedern des Gewerbevereins besteht. Dr. Michael Schneider, seines Zeichens Unternehmensberater, erklรคrte gleich zu Beginn, dass die insgesamt vier bestehenden Arbeitsgruppen ihre Ideen und Projekte hinter verschlossenen Tรผren diskutierten. Man wolle Ergebnisse produzieren. Und die wurden dann auch vorgestellt.
Als „Testbalone“ wurden neue Veranstaltungen organisiert. Die neue Gรคstefรผhrung, welche hinter die Kulissen der ansรคssigen Hรคndler schaut, und der erste Blumen und Pflanzenmarkt am 20.April sollen dazu dienen und je nach Anklang ausgebaut werden, erklรคrte der stรคdtische Marktleiter Frank Schรผtz den etwa 50 Zuschauern im Saal. Zudem habe man sich Gedanken gemacht, im Rahmen des Weihnachtsmarktes, die Weihnachtsbeleuchtung in der Langen Straรe, sowie in der Hohnstรคdter Straรe zu รผberdenken um kรผnftig auch in der Weihnachtszeit neue Akzente zu setzen. Wenn die Hochwasserschutzanlage fertig ist, wolle man auch den Wanderweg entlang der Mauer mit einbeziehen. So sei denkbar den Frischemarkt in der Klosterkirche nach Auรen auszuweiten. Sommerkabaretts, Konzerte und Sommerkino kรถnnten dann regelmรครig stattfinden. Wer nun aber auf ein groรes Highlight gewartet hatte welches neben dem etablierten Stadtfest stattfinden kรถnnte und die breite Masse anspricht wurde enttรคuscht.
Das Impulsteam setzt auf kleine Akzente und das zeigte sich auch in den รberlegungen zur Infrastruktur, die Johannes Heine vorstellte.ย Die Verkehrsfรผhrung in der Innenstadt kรถnnte demnach grundlegend geรคndert werden um beispielsweise Busverkehr der Stadtlinie in der Langen Straรe zu ermรถglichen. Ein geplantes Wegeleitsystem soll zukรผnftig dem potenziellen Kunden mittels Informationssรคulen zum Ziel fรผhren. Auch die Begrรผรungsschilder an den Ortseingรคngen sollen mรถglichst neu gestaltet werden. Dazu habe sich der Gewerbeverein bereit erklรคrt, der die Schilder nun auch fรผr Eventwerbung nutzen will und auch die Pflege รผbernehme. Auch das Thema Toiletten hat man auf dem Zettel, ebenso wie die Mรถglichkeit einestages groรe LED-Werbetafeln zu platzieren sofern es die Finanzen zulassen. Auch fรผr den Dauerbrenner Parkplรคtze in der City habe man sich Gedanken gemacht. So kรถnnten weitere Parkuhren um das Rathaus herum aufgestellt werden oder aus Bewohnerparkplรคtzen tagsรผber Kurzzeitparkplรคtze gemacht werden. Das Ganze solle der Kundenfreundlichkeit und dem Tourismus der Altstadt dienlich sein.
Jรถrg Bรถttger, Mitarbeiter Tiefbauamt, Wirtschaftsfรถrderung und Datenschutzbeauftragter der Stadtverwaltung stellte die Ergebnisse seiner Arbeitsgruppe vor. So wurden sรคmtliche Immobilienbesitzer mit Geschรคftsrรคumen in der Altstadt angeschrieben um den Leerstand in der City zu erfassen und zu bรผndeln. Nach eigenen Angaben hรคtte man bisher einen Rรผcklauf von 31%. Weitere Ideen fรผr die Zukunft waren die Fรถrderung von Startups, Ansprechen lokaler Kleinhandwerker, Neustartfรถrderungen in der Altstadt oder ein mรถglicher Imagewandel.
Sebastian Bachran, Mitarbeiter der รffentlichkeitsarbeit der Stadt Grimma, stellte die Ideen seiner Arbeitsgruppe vor. So wolle man die Hรคndler in Form von kostenfreier Werbung auf den Social Media Kanรคlen der Stadtverwaltungย unterstรผtzen, mรถglicherweise in eine eigene App investieren. Auch eine „Stadtbotschafterin“ wurde der รffentlichkeit prรคsentiert die dann die Hรคndler werbetechnisch vorstellen soll. Als „Lokalpatrioten“ will man Kunden fรผr die Altstadt gewinnen, dafรผr wurde eigens ein Banner gefertigt welches nun รถffentlich sichbar รผber der Hohnstรคdter Straรe hรคngt.
Yvonne Mรผller war fรผr die zweite Interessenbewegung „Wir fรผr Grimma“ anwesend und versuchte auch fรผr diese Bewegung sich Gehรถr zu verschaffen. So stecke man hauptsรคchlich noch in der Analyse und kreiere Ideen sei aber zuversichtlich auch zur Altstadtbelebung beitragen zu kรถnnen auch wenn die Stadtverwaltung die meiste Energie in das Impulsteam steckt.
Das die Stadtangestellten aktiv in der Aktionsgruppe eingreift und steuert und viele Projekte in Sachen Marketing hinter verschlossenen Tรผren entschieden wurden dรผrfte allerdings einen faden Beigeschmack haben. Diese Arbeitsgruppen werden von leitenden Angestellten der Stadt gefรผhrt. Alle Fรคden laufen diesbezรผglich bei Marktmeister und Altstadtfรถrderer Frank Schรผtz zusammen. Aus seiner Sicht sei so eine schlagkrรคftige Struktur entstanden, lieร er damals in der LVZ verlauten. โHier werden die Ideen entwickelt, vorbereitet und umgesetzt.โwaren seine Worte. Man wรผrde Nรคgel mit Kรถpfen machen. โWir arbeiten rasch und zielfรผhrendโ, untermauerte Bachran damals, Altstadtfรถrderer, welche sich jahrelang schon fรผr die Altstadt eingesetzt haben, wurden allerdings nicht mal angesprochen oder einbezogen. Weiter auf Kommentar….
KOMMENTAR
Dem aufmerksamen Zuschauer im Rathaussaal wird nicht verborgen geblieben sein, dass die Stadtverwaltung sich mittlerweile hauptsรคchlich auf das Impulsteam „Altstadt beleben“ eingeschossen hat und sich somit immer mehr in einen Interessenkonflikt manรถvriert. Die Stadtverwaltung muss also aufpassen, hier nicht den Fokus auf das Groรe und Ganze zu verlieren, denn Grimma mit seinen vielen Ortsteilen besteht nicht nur aus der Altstadt die nun offenbar immer mehr bevorteilt werden soll. Viele tolle Ideen wurden prรคsentiert die sich sicher positiv auf das Stadtimage auswirken werden, allerdings lรคuft diese Bewegung auch Gefahr sich selbst in der Eigenbrรถdlerei zu verrennen. Dem aufmerksamen Betrachter wird nicht entgangen sein, dass die รffentlichkeitsarbeit der Stadtverwaltung versucht ihre eigenen Reichweiten in Sachen Homepage, Amtsblatt und soziale Netzwerke seit Monaten auszubauen und sich so immer mehr ein Informationsmonopol schafft in dem Informationen nur noch sperllich an die Presse gegeben werden oder verspรคtet. Anstatt z.B. mit Menschen zusammenzuarbeiten, die รผber Jahre viel Arbeit und Schweiร investiert haben um ein funktionierendes groรes Netzwerk aufzubauen, setzt man wieder auf eigene Kanรคle, sodass sich die Verantwortlichen hinterfragen sollten ob sie tatsรคchlich fรผr die Sache oder fรผr das eigene Ego kรคmpfen und deshalb nicht auf Bewรคhrtes zurรผckzugreifen?ย Nun soll ein weiterer Kanal aufgemacht werden und mรถglicherweise in eine App investiert werden auf der dann mรถglicherweise alles vermischt wird. Wieviele Kanรคle braucht Grimma bei der Hรผlle und Fรผlle noch? Der Eingriff in die Werbewirtschaft, in dem man Werbung gratis oder zum Schleuderpreis รผber die รถffentliche Hand verscherbelt, dรผrfte nun ein weiterer Schlag ins Gesicht von Medienunternehmen, die nun mal von Werbung leben, wirken. Im schlimmsten Fall kรถnnten damit die Pressearbeit von Auรenstehenden, auch die des Medienportals, in Gefahr geraten. Was kommt als nรคchstes? Stehen eines Tages Stadtangestelle an den Kassen der Hรคndler? Hier sollten auch die Hรคndler sich hinterfragen. Die Stadt muss sich kรผmmern, die Stadt muss Parkplรคtze schaffen, die Stadt muss fรผr schรถnes Wetter sorgen, die Kunden rankarren und dann eben auch noch werben. Der eigene Anteil, seien es die Freundlichkeit, der Service oder รffnungszeiten die der Bevรถlkerung angepasst sind, die arbeiten geht und damit auch Geld hat zum Ausgeben wird รผber das sicher berechtigte Jammern zur schwierigen Geschรคftslage vergessen. Die Stadt kann Rahmenbedingungen schaffen, รPNV und Infrastruktur stellen und die Kultur fรถrdern, aktiv Unternehmen bewerben um deren Umsรคtze zu erhรถhen sollte nicht nur moralisch sondern auch rechtlich auf den Prรผfstand. Hier sind nun alle Beteiligten gefragt aus der begonnen Verigelung auszutreten und den Konsens auch mit der Bevรถlkerung zu suchen, sonst kรถnnte die mit guten Ambitionen gestartete „Altstadtbelebung“ zum Trauerspiel auf Kosten Anderer verkommen und so das Gegenteil bewirken, denn wie es in den Wald schallt, so schallt es heraus. Sรถren Mรผller