Streit um Tarifeinigung: Verkauf der Muldentalkliniken auf der Kippe

0
5120
Archiv/Foto: Sรถren Mรผller

Grimma/Wurzen. Der Verkauf der Muldentalkliniken hakt aktuell an einer Einigung zwischen Sana und den Gewerkschaften. Ver.di und der Marburger Bund Sachsen รคuรŸern sich nun zu den Verhandlungen:

Die Gewerkschaften Ver.di und der Marburger Bund Sachsen bedauern in einer Presseerklรคrung, dass ihre Vorschlรคge fรผr eine Abwendung der Insolvenz der Muldentalkliniken bislang unbeantwortet blieben. „In zwei mehrstรผndigen Sondierungen mit Landrat Henry Graichen und Vertretern der Sana Kliniken AG im Januar wurde klar, dass die im Kaufvertrag zwischen Landkreis und Sana vereinbarten Vertragsbedingungen tarifrechtlich nicht umsetzbar sind.“

Im Dezember hatten die Kreisrรคtinnen und Kreisrรคte ihre Zustimmung zum Kauf der Muldentalkliniken durch die SANA gegeben. Fรผr die รœbernahme braucht es aber noch zwei Voraussetzungen: Die Tarifparteien, das sind Sana, VERDI und der Marburger Bund, mรผssen sich รผber die Tarifsynchronisierung zwischen der Muldentalklinik-Gruppe und den Sana Kliniken Leipziger Land einigen. Ohne diese Einigung kann der Vertrag nicht umgesetzt werden, informierte der Landkreis Ende Januar auf Anfrage.

Den Vollzug des Kaufvertrags der Muldentalkliniken in Grimma und Wurzen an die Sana Kliniken AG haben die Vertragspartner laut Gewerkschaft unter anderem an den Abschluss von รœberleitungstarifvertrรคgen fรผr die nichtรคrztlichen und รคrztlichen Beschรคftigten gebunden. Die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und die ร„rztegewerkschaft Marburger Bund (MB) Sachsen zeigten den eigenen Angaben nach in den dafรผr angesetzten Sondierungen im Januar 2025 groรŸe Kompromissbereitschaft fรผr eine gemeinsame Lรถsung. Einen Tarifabschluss mit dem potentiellen Kรคufer mussten sie jedoch von Anfang an ausschlieรŸen: โ€žTarifverhandlungen dรผrfen wir nur mit dem Arbeitgeber oder dem Gesellschafter fรผhren. Solange Sana den Kaufvertrag nicht unterschreibt, kรถnnen wir miteinander keinen Tarifvertrag verhandelnโ€œ, stellt Bernd Becker, Fachbereichsleiter des ver.di Landesbezirks Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thรผringen, richtig. โ€žWir haben in den Sondierungen sehr deutlich gemacht, dass wir zu Kompromissen bereit sind, um im Wege einer gemeinsamen Lรถsung eine Insolvenz der Muldentalkliniken zu verhindern. Wir bleiben fรผr Notlagentarifverhandlungen gesprรคchsbereit โ€“ unabhรคngig davon, ob die Muldentalkliniken dem Landkreis oder Sana gehรถrenโ€œ, ergรคnzt Steffen Forner, Geschรคftsfรผhrer des MB Sachsen.

In der Belegschaft zeichne sich eine hohe Bereitschaft ab, Einkommenseinschnitte fรผr die Abwendung einer Insolvenz hinzunehmen. โ€žAm Ende der siebenstรผndigen Sondierung mit Landrat und Sana haben wir allen am Tisch einen konkreten Weg aufgezeigt. Der Landkreis als Gesellschafter kann sofort und rechtverbindlich einen Notlagentarifvertrag mit uns verhandeln. Diesen Vorschlag haben wir bereits vor mehreren Jahren unterbreitet, damit die Muldentalkliniken aus der wirtschaftlichen Schieflage kommen. Allerdings wurde dieses Angebot ohne Angabe von Grรผnden vom Kreistag damals abgelehntโ€œ, erklรคrt Bernd Becker den Sachverhalt. Notlagentarifverhandlungen erfordern unter anderem ein Sanierungskonzept und die Offenlegung betriebswirtschaftlicher Kennzahlen beider Hรคuser.

Die Gewerkschaften schlugen demzufolge alternativ vor, dass das Klinikum mit allen Beschรคftigten neue Arbeitsvertrรคge schlieรŸt, um die aus Sicht von Sana notwendige betrรคchtliche Senkung der Personalkosten zu erreichen. Ver.di und der Marburger Bund Sachsen hรคtten einen solchen Prozess positiv begleitet und ihren Mitgliedern dabei beratend zur Seite gestanden, heiรŸt es weiter.

โ€žEs ist skandalรถs genug, dass zwei Krankenhรคuser, denen vom Landkreis Schulden in Millionenhรถhe erlassen wurden, fรผr einen Euro verkauft werden. Nun sollen die Beschรคftigten ohne jegliche Sicherheitsgarantien mit ihrem Einkommen fรผr die Management- und Gesellschafterentscheidungen der letzten Jahre zahlen. Die Beschรคftigten sind der Kern eines Krankenhauses. Die Politik hat die Verantwortung fรผr eine bedarfsgerechte und ausfinanzierte Krankenhausversorgung, nicht die Beschรคftigten! Sie sollen im Unklaren darรผber gelassen werden, wie es mit dem Standort weitergeht, ob es vertragliche Kรผndigungsschutzregelungen geben wird oder ob sie im Falle einer Ausgliederung in einer nicht tarifgebundenen Servicegesellschaft bei Sana unterkommenโ€œ, so Becker.

Bislang galten in den Muldentalkliniken die Tarifvertrรคge der kommunalen Arbeitgeber. Diese Tarifbindung wurde zum 31. Dezember 2024 durch die Muldentalkliniken beendet. Die Rahmenbedingungen der Tarifvertrรคge TVรถD und TV ร„rzte/VKA gelten fรผr die Beschรคftigten nun solange weiter, bis ein neuer Tarifabschluss vereinbart wird. โ€žSollte es nicht zu einer VerรคuรŸerung kommen, wird die Insolvenz eintretenโ€œ, sagte Henry Graichen gegenรผber der Leipziger Volkszeitung.