Wurzen. โDas war wirklich ein Fest fรผr die Sinneโ, schwรคrmt Karin Opitz aus Leipzig.
Gerade hat sie auf dem Ringelnatz-Kunstpfad genossen, wie der Leipziger Schauspiel Andreas Herrmann stimmgewaltig den Ringelnatz interpretierte und die hinter QR-Codes versteckten Kompositionen von Ingeborg Freytag entdeckt. โIch war 1992 mal in Wurzenโ, erinnert sie sich an eher graue Eindrรผcke. Die Stadt sei so schรถn geworden, dass sich ein Besuch unbedingt lohne, vor allem zum RingelnatzSommer. Mehr Gรคste als zuvor nahmen lรคngere Anfahrtswege in Kauf, angelockt von einem der 10 000 in Mitteldeutschland verteilten Programmhefte oder die Werbung รผber die Leipziger Tourismus- und Marketing-Gesellschaft. Sie kamen aus Dessau, Dresden, Halle und Leipzig, ja sogar aus Gรผstrow.
โWegen der Corona-Pandemie haben wir die Obergrenze bei Veranstaltungen auf 50 Personen festgelegt und bis zum Schluss angesichts der steigenden Inzidenz-Zahlen gebangtโ, sagt Vereinsvorsitzende Viola Heร. Durch die Fรผlle im Angebot wurde die Einschrรคnkung wenigstens teilweise aufgefangen. Mit 15 Veranstaltungen an zwei Wochenenden fiel der RingelnatzSommer in diesem Jahr in der Tat opulenter als bisher aus. Das Kulturhistorische Museum bereicherte allein mit vier schรถnen Angeboten im historischen Kaufmannshaus in der Domgasse das Programm, freut sich Kulturmanagerin Katrin Hanisch รผber den guten Draht zueinander.
Mit Wellen von Applaus feierte das Publikum die beiden pfรคlzischen Ringel-Jazzer Barbara Bernt und Jochen Schott und den Ringelnatz verblรผffend aus dem Gesicht geschnittenen Hamburger Schauspieler Frank Roder, der allein mit seiner Stimme und einer hรถlzernen Leiter ganz ohne Mikrofon und Bรผhne das Publikum im Saal des Schweizergartens aus dem Hรคuschen brachte. Mit Sonnenblumen dankte Christian Schumann aus Sachsendorf spontan dem Kรผnstler fรผr dieses besondere Geburtstagsgeschenk an seinen Lieblingsdichter.ย Die Dresdener Frauenband Youkali nahm das Publikum mit in ein Wechselbad der Gefรผhle mit Liedern und Kompositionen zu Texten der beiden jรผdischen Dichterinnen Lili Grรผn und Mascha Kalรฉko, die beide zu Ringelnatzโ Zeiten mit ihm im Romanischen Cafรฉ in Berlin saรen.

Nagelneu im Sommerprogramm ist der Auftritt heutiger Dichter. Der frisch verlegte Band โWeltbetrachterโ vereint in einer Anthologie aus Sachsen 150 Dichter-Stimmen. Gemeinsam mit dem Sรคchsischen Literaturrat stellte der Ringelnatz-Verein drei von ihnen โ Margit Heuร, Thomas Bรถhme und Wilhelm Bartsch โ in sein Rampenlicht. Kulturmanagerin Katrin Hanisch will dies ausbauen. Das Ringelnatz-Haus in Wurzen werde ein Ort, der sรคchsischen Lyrikern ein stรคndiges Podium und einen Experimentierraum biete. Die Generalprobe, lรคchelt sie, sei gelungen. Nun mรผsse nur noch das Geburts-Haus endlich fertig saniert werden. Der Startschuss fรผr die Materialsammlung zu einer dort geplanten Ausstellung erklang gleichfalls wรคhrend des Festwochenendes: Der Lyrikwettbewerb โKringel รก la Ringelโ wurde erรถffnet. Er richtet sich an Ringelnatzfreunde in allen Stรคdten, in denen Ringelnatz war, und bittet um Verse auf Ringelnatz Spuren als reisender Artist. โEr ist von Wurzen in die Welt aufgebrochen und nun holen wir seine Welt nach Wurzenโ, sagt Katrin Hanisch.
Das reichlich bunte Angebot wurden mรถglich durch viele Fรถrderprogramme. Zur finanziellen Unterstรผtzung durch den Kulturraum, die Stadt und das Wurzener Land gesellten sich erstmals die Kulturstiftung Sachsen, das Bundesministerium fรผr Kultur und Medien und das Netzwerk der Literaturhรคuser. โWie ein Ritterschlag auf unserem Weg zu einem sรคchsischen Festivalโ, freut sich die Vereinsvorsitzende Viola Heร รผber diesen Rรผckenwind fรผr den Verein und vor allem die Helfer, die bei Regen oder prasselnder Sonne fรผr die Gรคste da waren. โWer sich bei uns wohl fรผhlt, redet รผber uns und kommt wiederโ, verrรคt die Gerlind Braunsdorf, stellvertretende Vorsitzende. Ihr hat man im Gรคstebuch โdie weltbesten Schnittchenโ bescheinigt. Das Rezept fรผr die sรผรen Seepferdchen aber bleibe Geheimnis des Vereins. Schon am 27. August lรคdt der Verein wieder zu literarischer Kรถstlichkeit โ diesmal um den Dichter Christian Morgenstern.