A14: Bürgerinitiative führt Kampf um Lärmschutz weiter (Update)

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Foto: Detlef Rohde

Grimma. Vor wenigen Wochen fand in Grimma eine Anhörung zum teilweisen Neubau der A14 statt, bei der geladene Gäste, die zuvor Einwände geltend gemacht haben, direkt von der Projektmanagementgruppe DEGES über die geplanten Bau- und Schallschutzmaßnahmen informiert wurden.

Jochen Schickert (Bündnis 90/Die Grünen) zeigte sich enttäuscht, dass die Veranstaltung nicht öffentlich war. Auch die Prösitzer Künstlerin Ute Hartwig-Schulz, die mit einer Bürgerinitiative (BI) gegen den fehlenden Lärmschutz kämpft, war von dem Ergebnis enttäuscht. Allerdings von den Vertretern des Bundes. Zwar verwies die Künstlerin auf den Koalitionsvertrag des Freistaates Sachsen, in dem ein Lärmschutz vorgesehen ist, doch das sei eben offensichtlich nur ein Papier. „Es ist nun am Freistaat Sachsen, den Bund an seine Verantwortung als Verursacher des Lärms, an den Schutz der Bevölkerung zu erinnern und ihn in die Pflicht zu nehmen!“ Seit Jahren betont die Künstlerin den direkten Zusammenhang zwischen dem Autobahnlärm und dem Verwaisen der Dörfer, die vom Lärm der A14 direkt betroffen sind. Dabei macht die Bildhauerin eine einfache Rechnung auf und stellt klar, wie man dem Dörfersterben wirksam entgegentreten kann. „Solange dieser unverhältnismäßig hohe Lärm da ist, werden die Menschen ihre Heimat verlassen. Also stellt sich eher die Frage, wann sich die Zeiten zu einem Besseren wenden! Entweder man zieht persönliche Konsequenzen und verlässt die betroffenen Gebiete, das wäre eine kurzfristige Lösung. Man kann allerdings auch auf E-Autos warten, das wäre der mittelfristige Lösungsansatz, oder aber man schafft bessere Gesetze im Bereich des Lärmschutzes und damit eine langfristige Lösung,“ so die Künstlerin.

Ähnlich sieht es auch Jochen Schickert von den Grünen. Für ihn ist die A14 die Lebensader der Region, doch in Sachen Lärmschutz fühlt er sich, wie die meisten Anrainer der Bundesautobahn, von den Politikern der Region allein gelassen. „Die Reaktionen der Gemeindevertreter aus den betroffenen Orten waren deutlich nicht vorhanden, auch die Rathäuser haben sich bei der jüngsten Auseinandersetzung um den Neubau der Muldentalbrücke für die A14 sehr bedeckt gehalten.

Update: Die Stadt Grimma betont hingegen, dass man sehr wohl versucht, einen Lärmschutz zu erreichen. Der Bund fordert allerdings, dass die Kosten, die sich in Millionenhöhe bewegen, von der Stadt getragen werden, diese Kosten aber nicht stemmen kann. Stadtsprecher Sebastian Bachran teilte hierzu mit: „Natürlich haben wir uns für den Lärmschutz eingesetzt und unsere Bedenken und Einwendungen im Rahmen des Planstellungsverfahrens geäußert. Diese wurde im Erörterungsverfahren abgelehnt. Für die Landesdirektion ist die Erneuerung der A14-Muldebrücke ein Ersatzneubau, kein gänzlicher Neubau. Die Emissionsschutzwerte beziehen sich daher auf das bestehende Bauwerk. Da es vorher keine Lärmschutzvorrichtung gab, ist eine neue Lärmschutzregelung auch nicht geplant. Diese unbefriedigende Aussage steht nun im Raum. Im Erörterungstermin wurde auch der sechsspurige Ausbau der Brücke abgelehnt. Man versperrt sich der Zukunft, um den Ersatzneubau zu rechtfertigen. Paradoxerweise schrieb die Landesdirektion der Stadt Grimma vor, das neue Planungsgebiet „Gewerbegebiet Nord III“ anders zu planen, so dass perspektivisch Platz für eine sechsspurige Autobahn ist. Oberbürgermeister Matthias Berger trat unter anderem mit dem Landesamt für Straßenbau, der Landesdirektion Sachsen und der Ministerin Petra Köpping sowie den Landtagsabgeordneten Svend-Gunnar Kirmes und Kerstin Köditz in Kontakt, dass auch sie sich für den verbesserten Lärmschutz an der A14 einsetzen. Matthias Berger hofft auf Unterstützung vom Freistaat.

Unterdessen sieht Schickert besorgt in die Zukunft, was die Lärmentwicklung an der A14 betrifft. Den Grund dafür liefern ihm die vom Bund selbst erstellten Gutachten zur Entwicklung der A14.

Dabei sieht Schickert besorgt in die Zukunft, was die Lärmentwicklung an der A14 betrifft. Den Grund dafür liefern ihm die vom Bund selbst erstellten Gutachten zur Entwicklung der A14. „Schaut man in die Zukunft, wird sich die Qualität der Emissionen durch eine Zunahme des Gesamtverkehrs und des Anteils des Schwerlastverkehrs noch deutlich verändern. Lautstärke und Permanenz werden auch bis in die Kernstadt vordringen und die Lage nahe der BAB dramatisch verschärfen. Wir werden diese Entwicklung vermutlich sehr bald feststellen können, die Prognosen aus den Bundes- und Landesplanungen lassen keinen Grund zur Hoffnung auf Entspannung aufkommen,“ so Schickert.

Vorschläge, wie man kostengünstig einen Lärmschutz erreichen kann, wurden von der Bürgerinitiative zur Genüge gemacht. Ute Hartwig-Schulz erinnert an die Projektidee „VisAvis“. Hierin sollen die Ruinen leerstehender Gebäude in ihrer Form als Lärmschutzwand entlang der Autobahn wieder aufzubauen gehen, so dass der dörfliche Charakter der Region entlang der Bundesautobahn bestehen bleiben würde. Da Lärmschutz allerdings auch wirtschaftlich sein muss, böte sich hier die Möglichkeit, die so entstehenden Flächen für die Solarstromgewinnung zu nutzen. Ideen zur Umsetzung eines adäquaten Lärmschutzes und Angebote zur Realisierung desselben haben die Betroffenen genug angeboten und müssen feststellen, dass allein der Wille Seitens der Politik fehlt, die ausgestreckte Hand anzunehmen. Doch leise wollen die Akteure nicht werden, sagt Jochen Schickert:
Bislang hat sich immer nur eine kleine Gruppe Informierter für die Gestaltung einer Zukunft mit Autobahnlärm eingesetzt, Einzelne haben nach Jahren des Einsatzes ernüchtert aufgegeben. Insgesamt hat sich der Geist der Bewegung jedoch immer wieder erneuert und nun ist es dringend geboten diesen Willen des Gestaltens auch zum Ziel zu führen und Lärmschutz für die Region zu realisieren.“ Auch die Eigentümer der leerstehenden Gebäude wären bereit, ihr Eigentum für das Projekt zur Verfügung zu stellen. Einer von den Anrainern ist Wolfgang Kaiser, der in Prösitz einen alten Bauernhof hat, den er wegen des Lärms nicht verkaufen kann. Gerne wäre eine Tagesmutter dort ansässig geworden, um eine Kinderbetreuung aufzubauen.

Das scheiterte jedoch am Lärm, da die Kindereinrichtung unter der Dauerbeschallung keine Betriebsgenehmigung bekommen würde. Selbst ein Verkauf wäre ein Minusgeschäft für Kaiser. „Auf meinem Grundstück stehen die Bruchsteinmauern einer abgebrannten Scheune, die können die für den Lärmschutz gerne haben. Aus meiner Sicht wäre das eine ökonomisch und ökologisch sinnvolle Lösung. Das Material gibt es kostenlos, es muss nur mit dem Trecker ein paar hundert Meter zum neuen Bestimmungsort geschafft werden, was wiederum bedeutet, dass das Material nicht hunderte von Kilometern durch das Land gefahren werden muss,“ so Kaiser.

Wichtig ist es aus Sicht der Bürgerinitiative auch, dass sich die Betroffenen an der A14 endlich zusammenschließen und gemeinsam für einen Lärmschutz kämpfen. Immerhin hat die Autobahn eine Gesamtlänge von 314 Kilometern und da wohnen viele Menschen, die in ihrer Gesamtzahl eine politisch relevante Gruppe darstellen. Auch Ute Hartwig-Schulz hat für 2020 einige Projekte geplant, um auf das Problem aufmerksam zu machen. Am 29. April wird es in Prösitz wieder eine Veranstaltung im Rahmen des Internationalen Tages des Lärmschutzes geben. Auch ein Kunstwerk ist geplant. „Die Künstlerin Anna Holzhauer aus Kassel möchte in Prösitz an der A 14 eine Skulptur installieren, die sich und die Betrachtenden durch ihren Standort mit der Autobahn in Beziehung setzt. Eine weiß gefasste, kapselähnliche Form steht auf einer von allen Seiten durch Wirtschaftswege eingeschlossenen Fläche und fügt sich in das Landschaftsbild ein. Auf einem dieser Wege entlang der A 14 gelangt man zu der Skulptur und kann ihren Innenraum betreten. Die Umgebungsgeräusche können hier nur noch minimal wahrgenommen werden, so dass der Betrachtende durch ein Fenster die fast lautlose Autobahn in der Landschaft sehen kann.“ Ute Hartwig-Schulz hofft so, auf das Problem noch eindrucksvoller hinweisen zu können, da dem Besucher so ein hörbarer Eindruck über den Istzustand und das Mögliche an der Autobahn vermittelt wird. Die Bürgerinitiative ist auch unter A VIERZEHN LEISER STELLEN auf Facebook erreichbar.