Lokalpatriot: Diverse Ungereimtheiten um Grimmas zweiten Anlauf  zur Altstadtbelebung

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Grimma. Im März dieses Jahres stellte die Interessengemeinschaft „Altstadt beleben“ ihre Ideen und Projekte vor. Neben neuen Veranstaltungen und einem Wegeleitsystem war auch Gratiswerbung über soziale Kanäle im Gespräch. Jetzt läuft die Aktion an – mit ungeklärten Fragen, die für Zündstoff sorgen dürften.

Vor etwa zweieinhalb Jahren hatte sich in Grimma ein so genanntes Impulsteam getroffen. Ziel war es, Ideen und Maßnahmen für die Altstadtbelebung zu entwickeln. Die rund zwanzig Personen kommen vornehmlich aus dem Bereich städtischer Angestellten und Mitgliedern der Händlerschaft. Unternehmensberater Dr. Michael Schneider erklärte damals gleich zu Beginn, dass die insgesamt vier bestehenden Arbeitsgruppen ihre Ideen und Projekte hinter verschlossenen Türen diskutieren würden. Man wolle Ergebnisse produzieren. Selbige wurden dann auch vorgestellt.

Unter anderem auch Gratiswerbung seitens der Stadt für die Unternehmer. Sebastian Bachran, Mitarbeiter der Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Grimma, stellte die Ideen seiner Arbeitsgruppe vor. So wollte man die Händler in Form von kostenfreier Werbung auf den Social Media Kanälen der Stadtverwaltung unterstützen, möglicherweise in eine eigene App investieren. Auch eine „Stadtbotschafterin“ wurde der Öffentlichkeit präsentiert, die dann die Händler werbetechnisch vorstellen sollte. Als „Lokalpatrioten“ wollte man Kunden für die Altstadt gewinnen. Dafür wurde eigens ein Banner gefertigt, welches vor einiger Zeit öffentlich sichtbar in der Altstadt aufgehängt wurde. Der dazugehörige Instagram-Account wurde zeitnah erstellt und „einkaufeningrimma“ genannt. Warum hier nicht mit der Marke Lokalpatrioten agiert wurde, wissen nur die Verantwortlichen. Passiert war aber seit der Erstellung des Accounts nicht viel. Nach Vorstellung des Themas hagelte es Kritik, so dass Ende März der Instagram-Account wieder stillgelegt wurde (wir berichteten).

Seit Ende September nun der zweite Anlauf: Der Account wird wieder aktiv mit Beiträgen bespielt. Die Follower-Zahl liegt aktuell bei 138. Hinzu kam nun noch die im Vorfeld vermutete Einrichtung einer Facebookseite mit derzeit 76 „Gefällt mir“ Angaben. Verschwindend gering, um aktives Stadtmarketing für eine 30.000 Einwohner fassende Gemeinde oder gar Öffentlichkeitsarbeit für Unternehmen zu betreiben. Als Administrator wird ein örtlicher Regionalsender aufgeführt, welcher nun auch die „Akquise und Vermittlung“ übernehme, wie die Stadt Grimma auf ihrer Homepage aufführt.

Doch wie kam es eigentlich zu der Verpflichtung des Regionalsenders? Denn eigentlich hatte sich die Geschäftsführerin auf konkrete Nachfrage im März auf Facebook öffentlich positioniert:

Screenshot/Facebook öffentliche Seite des Regionalsenders am 13. März 2019

Doch stimmt es tatsächlich, dass sich hier niemand in den Vordergrund spielt und Freizeit geopfert wird ? Eine E-Mail, die aktuell diverse Gewerbetreibende der Innenstadt erreicht, lässt zumindest Zweifel daran aufkommen. Denn im ersten Teil wird mit einem „bürgerlichen Initiativteam“ geworben, das die Stadt Grimma offiziell unterstützt. Einmal im Jahr könnten Unternehmer ein Foto mit „kurzem Text“ kostenfrei auf den Plattformen verbreiten. Soweit das Gratis-Angebot.

Auszug Anschreiben/Screenshot

Danach aber wird es weniger uneigennützig: In der Mail folgt eine Aufzählung weiterer Angebote zwischen 20 und 150 Euro für beispielsweise eine „Lokalpatrioten-Flat“ bis hin zum Videobeitrag. Dieser Teil der E-Mail ist der umfangreichste. Kostenfrei sieht anders aus.  Hier nimmt nämlich die Werbespirale des Regionalsenders, der da ja eigentlich nur „Freizeit und ohne Honorar“ in die Aktion steckt, weitere Züge an. So wird sogar die Nutzung von regionalen Persönlichkeiten angepriesen und sich „im Namen des Initiativteams und der Stadt“ am Ende recht herzlich bedankt. Ganz „uneigennützig“ mit den Kontaktdaten des Senders.

Screenshot/Orginalanschreiben per Mail

Aus wirtschaftlicher Sicht ist das Vorgehen des Regionalsenders durchaus verständlich. Allerdings hat es „Geschmäckle“, dass ausgerechnet der Regionalsender die Akquise der Unternehmen im Auftrag der Stadt vornehmen darf, deren Geschäftsführerin im „Impulsteam“ sitzt. Das wirft die Frage auf, wie es um die Seriosität der stadtgestützten Initiative bestellt ist. Einer Initiative, die hinter verschlossenen Türen eigene Mitglieder für die Gewinnung von Interessenten benennt. Denn: andere Medienunternehmen wie Tageszeitungen oder Onlinemedien wurden seitens der Stadt nicht angefragt. Manch einer dürfte hier einen Eingriff in den Wettbewerb seitens der Stadtverwaltung sehen.

Überhaupt wirkt die gesamte Kampagne nicht zu Ende gedacht. Denn der Name Lokalpatriot ist beim deutschen Patent und Markenamt (DPMA) bereits in unterschiedlichen Formen und Kategorien geschützt. Bei einem sogar als „Lokalpatriot.“  als „Wort und Bildmarke“ und der Farbe „blau“ als geschützter Begriff in Bereichen wie „Aktualisierung von Werbematerial“; „Herausgabe von Werbetexten“; „Kundengewinnung und -pflege durch Versandwerbung (Mailing)“; „Layoutgestaltung für Werbezwecke“; „Marketing (Absatzforschung), „Öffentlichkeitsarbeit (PublicRelations)“; „Videofilmproduktion“, und vieles mehr. Durch eine einfache Online-Recherche beim DPMA hätte dies auch den Verantwortlichen der Stadt Grimma auffallen müssen. Wenn die Stadtverwaltung also nun mit diesem geschützten Begriff agiert, könnte dies durchaus zu Problemen führen. Denn Markeninhaber könnten hier eine Verwechslungsgefahr sehen und kostenpflichtige Abmahnungen versenden. Der markenrechtliche Verwechslungsschutz gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verbietet die Nutzung einer auch nur ähnlichen Marke durch einen nicht berechtigten Dritten. Zu all diesen oben genannten Dingen befragten wir die Stadtverwaltung – bislang leider ohne Ergebnisse. Nach 17 Stunden Wartezeit bat der Pressesprecher lediglich um zeitlichen Aufschub.
Update 17.10.2019/14:15 Uhr:  Kurz nach unserer Anfrage bei der Pressestelle der Stadt Grimma am 16.10.2019, in der es auch um die Markenrechte ging wurde zumindest der Facebookname angepasst:

Screenshot/Facebook

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher UnterstĂĽtzung von Taucha kompakt