Betriebe fliegen ganz sicher nicht einfach so aus der Husarenkaserne! Artikel sorgt für Unmut

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Grimma. In der Lokalzeitung wurde gestern berichtet, dass Anlieger und Firmen ungefragt und ohne ernsthafte  Lösungsvorschläge aus dem Bereich der Husarenkaserne für den Stadionneubau ausziehen müssen und man unterstellte Oberbürgermeister Matthias Berger die Verantwortung des Ganzen. Wir möchten das Anhand unser eigenen, recherchierten Informationen und anderen Meinungen ergänzen und aufzeigen, dass die gestrige abgedruckte Geschichte eine 2. Seite bereit hält, welche man durchaus einbeziehen hätte können oder sogar müssen.

Der ursprüngliche Artikel mit einigen Anmerkungen: Im besagten Bericht wird über das Bauprojekt Volkshausplatz/Husarenkaserne geschrieben. Bekanntlich wird der Kunstrasenplatz einem Supermarkt auf dem Volkshausplatz weichen und ein Stadionneubau auf dem alten Husarengelände errichtet. Einleitend wird über das geplante Vorhaben objektiv berichtet, allerdings unterstellt man gleich im Anschluss Bürgermeister Matthias Berger folgendes: „Matthias Berger (parteilos) will den Vollsortimenter unbedingt. Ein Investor stehe in den Startlöchern. Und Berger ist bereit dafür einen hohen Preis zu zahlen. Inklusive Gewerbesteuerzahler, Arbeitsplätze und einen traditionsreichen Wirtschaftsstandort.“ Bereits zu Beginn der Debatte Anfang 2013 hatte Berger in einer öffentlichen Informationsveranstaltung betont, dass ihm das Bauprojekt persönlich nicht betreffe und er alle Meinungen zum Ganzen mit den Stadträten und der Öffentlichkeit abwägen will. Nicht Berger hatte einen Investor gesucht sondern der Investor kam auf die Stadt Grimma zu. Es gab öffentliche Diskussionsrunden, der Stadtrat wurde von Beginn an in die Entscheidung einbezogen, das Stadtmarketingkonzept wurde überprüft, Gewerbetreibende und Bürger befragt. Schlussendlich hatte man sich mehrheitlich für die Umsetzung des Projektes im Stadtrat geeinigt und dem Projekt den Weg geebnet.

Weiter wird berichtet das die TLG Immobilien AG die ansässigen Unternehmen gekündigt hat um den Abriss der alten Husarenkaserne beginnen zu können. Tischlermeister Füssel lässt sich daraufhin mit folgenden Worten zitieren: “Gewissermaßen über Nacht wurde uns mitgeteilt, dass wir ausziehen müssen“, dann wird beschrieben, dass Füssel seine 3 Mitarbeiter deswegen entlassen musste und der Verkauf der Maschinen angeboten wurde. Außerdem sollen zehn weitere Firmen, Vereine und Verbände, die dort Räume nutzen, im November die Kündigung sowie die Aufforderung erhalten haben, bis 31. März die Räumlichkeiten zu übergeben. Laut Lieb´s Informationen soll dann Strom und Wasser abgestellt werden. Dann wird Füssel weiter über seine Beweggründe der endgültigen Schließung zitiert. Dabei wird der Stadtverwaltung der Vorwurf gemacht keine geeigneten ernst zunehmenden Angebote zu einem geeigneten Ausweichstandorten gemacht zu haben. Stadtentwicklungsamtsleiter Jochen Lischke wird daraufhin mit folgenden Worten zitiert „Mit den Mietern auf diesem Grundstück sind wir seit etwa einem halben Jahr im Gespräch. Allen sind bereits vom bisherigen Eigentümer Alternativen in deren Gelände angeboten worden. Auch wir haben diesen Mietern Alternativen zum Neubau auf kommunalen Grundstücken in Gewerbegebieten angeboten oder Kontakte zu anderen Vermietern vermittelt.“ Den Ansprüchen von Füssel genüge dass allerdings nicht. Dann folgt eine Stellungnahme des SPD-Stadtrat Klaus-Dieter Tschiche, demnach habe man den „Hilferuf“ aus der Lausicker Straße ernst genommen und ein Vorortgespräch am 10. Februar, im Beisein des OBM Kandidaten Ingo Runge (nach eigenen Angaben für die Kandidatur parteilos),durchgeführt. Für Tschiche soll das Gespräch frustriend gewesen sein. Auf Ingo Runge ging man im besagten Artikel nicht weiter ein. Tschiche kritisiert, die Kommunikationspolitik der Rathaus-Spitze. „Wir wurden immer im Glauben gelassen, dass mit den Gewerbetreibenden alles geklärt sei„, so Tschiche gegenüber der Lokalzeitung. 

Zum Schluss wird das Landratsamt zitiert „Das Gebiet befindet sich in einem festgesetzten Überschwemmungsgebiet der Mulde, damit ist die Ausweisung eines neuen Baugebietes unzulässig. Die Anforderungen, die der Gesetzgeber an Ausnahmeregelungen stellt, sind sehr streng„, Der Autor geht davon aus, dass vor Fertigstellung der Hochwasserschutzmauer in Grimma (geplant 2017) überhaupt nicht gebaut werden kann und beendet den Artikel mit der Frage von Füssel „ Warum werden wir dann jetzt schon rausgeschmissen?“ Wann Rewe grundsätzlich auf dem Volkshausplatz bauen wird ist dabei vollkommen irrelevant, da das Projekt des Stadionneubaus ein anderer Standort und das alte Kasernengelände kein Hochwassergefährdungsgebiet ist. Außerdem ist ebenfalls bekannt, dass Fördermittel bestimmten Fristen unterliegen. Der Artikel wurde dann mit einem daneben stehendem Kommentar des Redakteurs unter der Überschrift „Grimma unter Größenwahn“ untermalt.


 Im folgendem haben wir  zur Richtigstellung des Sachverhaltes Stellungnahmen der Stadtverwaltung, Stadtrat Johannes Heine und dem Geschäftsführer der TLG Christian Kürten vorliegen. Diese wurden zum Teil auch an die Lokalzeitung geschickt. Den Leserbrief und einen persönlichen Kommentar von mir (Sören Müller) ist im weiteren Artikelverlauf zu finden.

Zum Inhalt ergänzen wir wie folgt: Mit einer Vorlaufzeit von 8 Monaten hat TLG-Chef Christian Kürten nach eigenen Angaben bereits mit Herrn Füssel Gespräche geführt. Außerdem wurden Ausweichflächen im TLG angeboten. Preislich und von der Fläche waren die Angebote absolut vergleichbar mit den Vertragsbedingungen am Wasserwerksweg. Herr Füssel hat diese Angebote nicht angenommen. Auch den anderen Mietern wurden seitens Kürten Umzugsangebote gemacht. Teilweise wurden die Umzüge bereits umgesetzt. Auch war die Stadt Grimma in die Maßnahmen eng eingebunden. Herr OBM Berger und Herr Lischke haben mit den betroffenen Mietern mehrere Gespräche geführt und Hilfe angeboten.  

Außerdem sind die folgenden Hintergründe der Stadtverwaltung zu beachten:

1.Grundlage der Diskussionen um das Einzelhandelskonzept war und ist unter anderem die Beobachtung, dass die Grimmaer Innenstadt, nicht nur im Ergebnis des letzten Hochwassers, mehr und mehr an Attraktivität verliert, weil immer mehr Läden dicht machen. Solche Beobachtungen machen auch andere Städte und neben einem konsequenten und ehrlichen Management wird vielerorts eben die Ansiedlung eines Magnetbetriebes als zweite „Waffe“ zum Gegensteuern gesehen. Diese Strategie will die Stadt ebenso verfolgen und weiß das eine große Mehrheit der Stadträte genau dieses Vorhaben ebenso unterstützen. Es geht eben nicht nur um „die Errichtung eines weiteren Vollsortimenters in Grimma“, und auch die 3,1m² Verkaufsfläche pro Einwohner sind hier nicht das Hauptproblem. Nein, die Stadt will Strukturpolitik betreiben und erstmals in der Geschichte des Einzelhandels nach der Wende selbst, nach einem eigenen Konzept bestimmen, wer wo einen Supermarkt bauen soll oder darf.

2. Das für das Vorhaben Einzelhandel Volkshausplatz eine Baugenehmigung nicht quasi im Vorbeigehen eingesammelt werden kann, ist auch der  Stadtverwaltung bewusst. Dazu muss Schritt für Schritt gegangen werden. Erst mal wird der Bebauungsplan aufgestellt. Im Rahmen dessen hat es bereits Gespräche mit dem zuständigen Umweltamt und mit dem Ersten Beigeordneten des Landratsamtes gegeben. Dabei ging es um die Auslegung des §78 Abs.2 Wasserhaushaltsgesetz, der die Bedingungen des ausnahmsweisen Bauens in Überschwemmungsgebieten regelt. Diese Bedingungen können nach derzeitigem Stand wohl eingehalten bzw. nachgewiesen werden. Knackpunkt wird voraussichtlich die Auslegung sein, wann die Hochwasserschutzanlage fertig ist. Dann, wenn sie faktisch fertig ist und im Hochwasserfall die Tore geschlossen werden können und das Wasser zurückgehalten wird? Oder erst dann, wenn alle Prüfzertifikate vorliegen? Das Einkaufszentrum soll fester Bestandteil des Grimmaer Stadtzentrums werden, welches gemeinsam erhalten und entwickeln werden soll und durch die Schutzanlage vor Hochwasser geschützt werden wird. Für den Supermarkt gelten im Sinne des Hochwasserschutzes keine anderen Kriterien als für jedes beliebige Haus in der Altstadt.

3. Die im Artikel genannten elf Firmen, Vereine und Verbände auf dem Territorium der Husarenkaserne sind der Stadtverwaltung nicht bekannt. „Im Angebot“ verbleibt bekanntlich im Gelände. Dort ist man lediglich über den “Seitenflügel“ mit Herrn Laskowski und Herrn Kürten noch im Gespräch. Panda Möbel wird nach derzeitigen Informationen demnächst umziehen. Eine Baufirma wird ihre Nutzung in dem Gelände hinter der Kasernenruine völlig geräuschlos beenden. Für die GQS, wird ebenfalls an einer Lösung gearbeitet. Vier Mietverträge der TLG waren mit Einzelpersonen abgeschlossen worden, die im Gelände ihren PKW abgestellt hatten. Zwei Firmen hatten in den Gebäuden Mietverträge mit der TLG, die aber ohne das Zutun der Stadtverwaltung abgewickelt worden sind.

4.Bereits im  Mai 2014 soll es erste Gespräche mit Füssels gegeben haben. Jochen Lischke  war anschließend selber zu Gesprächen in der Tischlerei. Angebote der TLG und der BBF (auf Vermittlung der Stadtverwaltung) soll Füssel ausgeschlagen haben. Erstmals im Januar wurde der Stadtverwaltung bekannt, dass ein Bogensportverein in dem Gelände agieren soll. Auch hier soll nach Nachfrage von Frau Füssel ein Grundstück im Gewerbegebiet Gerichtswiesen angeboten worden sein. Außerdem wollte man die Bogensportler generell unterstützen und bot diesbezüglich Hilfe an. Diese sind allerdings bisher nicht als Verein eingetragen und waren deshalb auch im Fachbereich nicht bekannt. Wie es heißt, sei man bereit, sich evtl. einem Sportverein anzuschließen und dort vorhandene Kapazitäten mitzunutzen. 

5. Der Zeitplan zur Umsetzung der „Komplexmaßnahme“ Volkshausplatz – Husarenkaserne ist sehr eng geknüpft. Dabei spielen die Regularien der Hochwasserschadensbeseitigung, dort vor allem der zeitlichen Rahmensetzung, eine wichtige Rolle. Die Einhaltung aller Fristen ist ein immenser Aufwand die Außenstehende kaum nachvollziehen können.

Leserbrief von Stadtrat Johannes Heine an die Redaktion der Lokalzeitung (ungekürzt)

„Sehr geehrter Herr L., die Entscheidung im Stadtrat habe ich mitgetragen, dass die Situation so ist, wie sie ist. Bei der Beseitigung der Hochwasserschäden war oberstes Gebot, nachhaltig zu sanieren. Da der Kunstrasenplatz an der tiefsten Stelle von Grimma ist, und die Hochwasserschutzanlagen nicht vor ansteigendem Grundwasser schützen, ist es eine Frage der Zeit, dass der Kunstrasenplatz wieder unter Wasser steht. Das Drainagesystem würde jedes Mal erneuert werden müssen und deshalb ist es vernünftig, einen neuen Standort für den Wiederaufbau zu suchen.  Der Neubau eines Einkaufmarktes hingegen kann so gebaut werden, dass es für die bauliche Substanz kein Problem darstellt, sonst würde der Investor nicht dort bauen wollen. Der Firma Füssel wurde nicht „über Nacht mitgeteilt, dass sie ausziehen müssen“! Oberbürgermeister Herr Berger war vor einem Jahr bei Herrn Füssel und hat ihn über das Vorhaben informiert. Herr Füssel war am 03.11.2014 bei mir und hat seine Problematik vorgetragen. Aus diesem Gespräch weiß ich, dass die Firma einen Mietvertrag mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten hat und diese Kündigungsfrist ist auf eigenen Wunsch so gewählt. Als Unternehmer muss ich in so einer Situation Plan B in der Schublade haben. Es müssen dann auch entsprechende Rücklagen gebildet werden um den Plan B finanzieren zu können. Das sind ganz einfach unternehmerische Selbstverständlichkeiten. Am 05.01.2015 war ein Treffen beim OBM mit Frau Füssel, Herr Lischke, Herr Graf und mir, wo es um diese Problematik ging. Frau Füssel informierte uns, dass für das Umsetzen der Maschinen 40.000 Euro benötigt werden und die haben sie nicht. Wir machten Ihnen klar, dass die Stadt Grimma dafür kein Geld zur Verfügung stellen kann. Weiterhin wurden wir informiert, dass Ihr Sohn eventuell die Firma übernehmen wird, er muss aber erst seine Meisterausbildung machen. Wir haben Ihr angeboten, wenn Sie uns sagen, was sie genau für Vorstellungen haben, dass wir sie bei der Suche geeigneter Räumlichkeiten oder Grundstücke unterstützen wollen. Auch von Seiten des Vermieters wurde ein Angebot für neue Räumlichkeiten gemacht mit einer Mietbindung von 10 Jahren, auf dass sich aber die Firma Füssel nicht binden wollte und deren Miete zu hoch war. Das sind Fakten aber in Ihrem Bericht werden nicht alle Fakten genannt. Warum die Bautätigkeit jetzt beginnen muss, liegt ganz einfach daran, dass die Fördergelder für die Beseitigung der Flutschäden nur zeitlich begrenzt zur Verfügung stehen oder verfallen und das können wir auf keinen Fall zulassen. Das hat also nichts mit Größenwahn zu tun, wie Sie ihren Kommentar überschrieben haben. Sie erwecken den Eindruck, dass alle betroffenen Unternehmen in Existenznot wären, aber mir sind nur Probleme der Firma Füssel bekannt und die sind meiner Meinung nach Haus gemacht. Es ist nicht die Verantwortung der Stadt Grimma, dass die Firma Füssel ihre Mitarbeiter kündigen muss, sondern fehlende Unternehmerverantwortung. Die Meinung von Herrn Tschiche möchte ich nicht kommentieren, er ist sowieso gegen Stadionumsiedlung und Einkaufsmarkt. Dieser Bericht ist nicht objektiv aufgestellt, sondern Sie nehmen eindeutig Partei, haben aber nicht richtig recherchiert! In Sachen Pegida und Legida war ich positiv überrascht, wie Zeitung sein kann. Weg von der negativen Berichterstattung zu positiver und objektiver Bewertung der Situation. Schade, dass es schon wieder vorbei zu sein scheint.“ Johannes Heine


Kommentar von Sören Müller, Betreiber Medienportal Grimma

„Als ich heute morgen die Zeitung aufschlug und den Artikel mit Entsetzen laß, wusste ich, dass man hier dem Leser aufklären müsse. Hätte ich einen, in meinen Augen, so einseitigen Bericht online gestellt, hätte ich bereits online ordentlich Schelte bekommen. Die Stadt hatte bislang immer versucht Lösungen für alle zu finden und das war nicht nur in dem einen Thema der Fall. Herr Füssel ist Unternehmer, dann sollte er auch etwas unternehmen, wenn solche Situationen drohen auch wenn die Ausgangssituation sicher keine leichte ist. Johannes Heine hat das super beschrieben. Ich muss kein studierter Journalist sein um zu erkennen das hier eine derart, fast schon böswillige, persönliche Meinung im Artikel zur Geltung kommt, die in keine Zeitung oder irgendein Medium stehen sollte welche auf Unparteiisch und Unabhänigkeit pocht, sondern persönlich mit dem Gegenpart geklärt bedarf. Ich halte es für arg dreist dem Bürgermeister alleiniges Vorgehen zu unterstellen.In den letzten Wochen war ich überrascht und froh das die Lokalzeitung endlich wieder, aus meiner Sicht, an Qualität zulegte.  Interessante Berichte von ortsverbundenen Redakteuren waren zu lesen und dann heute solch ein Artikel, der das Ganze wieder zum  Einsturz bringt und die mühsame Kleinarbeit im Lokaljournalismus in ein unseriöses Bild verwandelt. Die Darstellungen des Autors hinterlassen den Eindruck bei vielen mit denen ich heute gesprochen habe, als gebe es auf der einen Seite engstirnige, selbstverliebte Beamte rund um den Oberbürgermeister und auf der anderen Seite das gebeutelte Volk nebst Stadträten, das nicht ernst genommen und sogar bewusst verprellt werden soll. In der heutigen Zeit ist es richtig und wichtig wenn man sich Meinungen und Informationen an verschiedenen Stellen einholen kann, darum habe ich diesen Artikel diesmal aufgegriffen. Ich weiß nicht ob man so einen Journalismus betreiben sollte, erst Unterstellen und im Nachgang Richtigstellen, halte ich für den falschen Weg und fühle mich als Leser irgendwie veräppelt, insbesondere dann wenn ich die andere Seite durch meine medialen Tätigkeiten bewusst kenne. „Sören Müller