Berger rechnet mit Kreisreform ab

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Karikatur: Sebastian Bachran

Grimma/Dresden. Grimma war in besonderer Art und Weise von der vor zehn Jahren in Kraft getretenen Verwaltungsreform in Sachsen betroffen.Damals hatte Grimma den Kreissitz an Borna abgegeben.

Aus verstรคndlichen Grรผnden bewegte die Festlegung des Kreissitzes die Bรผrger unserer Stadt in besonderem MaรŸe.“ so Oberbรผrgermeister Matthais Berger im aktuellen Amtsblatt.

Aufgrund einer Absprache zwischen den SPD- und CDU-Fraktionsparteien der Sรคchsischen Staatsregierung sollte der Kreissitz an den einzigen, mit der damaligen Landrรคtin Petra Kรถpping SPD-gefรผhrten Landkreis gehen Leidenschaftlich kรคmpften damals alle Grimmaer mit einer ideenreichen Kampagne fรผr den Kreissitz. In einer vom damaligen Innenminister Dr. Albrecht Buttolo gewรคhrten Nachfrist belegte Grimma mit einem umfassenden Gutachten den Anspruch auf den Kreissitz. Die GrรถรŸe, die Zentralitรคt im neuen Landkreis und die politische und historische Bedeutung sprachen eindeutig fรผr Grimma. Seitens der Stadt Borna wurden innerhalb der Nachfrist keine Argumente beim Innenministerium vorgelegt. Trotzdem hielt die CDU-SPD-Staatsregierung an ihrer Absprache fest. รœber einen entsprechenden Landtagsbeschluss wurde Borna zur Kreisstadt bestimmt.“ erklรคrt Berger weiter.

Im Ergebnis entstanden in altbekannter sรคchsischer, zentralistischer und nur an eigener Machterhaltung interessierter politischer CDUSPD- Manier Landkreise, ohne jede geografische und historische Identitรคt. Umso bitterer, dass nunmehr die Effektlosigkeit der Verwaltungsreform durch verschiedene Gutachten belegt ist. Irritierend ist dabei, dass damals leidenschaftliche Befรผrworter des Kreissitzes Borna und der Verwaltungsreform insgesamt, wie die damalige Landrรคtin des Landkreises Leipziger Land und jetzige Integrationsministerin Sachsens, Petra Kรถpping, die Verwaltungsreform nun als Flop bezeichnen. In der Leipziger Volkszeitung von Anfang August wird Frau Kรถpping mit den Worten zitiert: โ€žDie Kreisreform hat die Politik entmenschlicht. Mittlerweile sieht sich Staatsministerin Kรถpping als eine der vehementesten Kritiker der damaligen Kreisreform.“ Dafรผr wurde sie mit den Worten โ€žEs gehรถrt nicht zur Aufgabe einer sรคchsischen Ministerin, stรคndig Land und Leute schlecht zu redenโ€œ, vom CDUFraktionschef Frank Kupfer diszipliniert. Diese chamรคleonhafte Wandlungsfรคhigkeit von Staatsministerin Kรถpping dรผrfte trotz der generell geringen moralischen Erwartungshaltung der Bevรถlkerung gegenรผber Politikern รผberraschen.“ wundert sich Berger.

Der einzig aus der Kreisreform belegbar entstandene Effekt sei ein erhebliches Mehr an Politikverdrossenheit, welche sich ganz eindeutig in den nachlassenden Wahlbeteiligungen
widerspiegeln soll.ย  „Das beliebteste Instrument der Selbstinszenierung der Sรคchsischen Staatsregierung sind Fรถrdermittel. Dass diese letztendlich im Vorfeld den Kommunen vorenthalten wurden und so die Stรคdte und Gemeinden immer weiter in die Abhรคngigkeit vom Freistaat treiben, soll nur am Rande erwรคhnt werden. Es wรผrde deshalb nicht รผberraschen, wenn seitens der Sรคchsischen Staatsregierung in einem sicher hochbรผrokratischen Fรถrdermittelverfahren fรผr den โ€žach so verdrossenenโ€œ Bรผrger/Wรคhler Gelder zur Verfรผgung gestellt werden, um diesen vielleicht doch wieder durch moderierte Workshops, Kรผchentischrunden und sonstige Pseudogesprรคchsrunden an die Wahlurne zu locken. Letztendlich eine super Gelegenheit fรผr den einen oder anderen Staatsminister, fรถrdermittelbescheidausreichend durch den lรคndlichen Raum zu ziehen und Wahlkampf zu betreiben. Da bekanntermaรŸen was nicht tรถtet, hart macht und wir Grimmaer durch vielfรคltige Herausforderungen den Umgang mit Katastrophen gewรถhnt sind, sollten wir stolz sein, dass es uns gemeinsam gelungen ist, trotz durch die Staatsregierung bewusst herbeigefรผhrter Benachteiligungen, unsere Stadt weiter positiv zu entwickeln“ รคrgert sich Berger.

Grimma ist durch den seit 2017 festzustellenden Bevรถlkerungszuwachs und durch verschiedene politisch beschlossene Eingemeindungen zur zweitbevรถlkerungsreichstenStadt nach Leipzig in Nord-Westsachsen aufgestiegen. Mit 217 kmยฒ ist Grimma die viertgrรถรŸte Flรคchenkommune Sachsens und verfรผgt damit รผber die ca. 3,5fache Flรคche Bornas mit dem daraus resultierenden Entwicklungspotential. Dies ist eine gute Basis fรผr die Zukunft. Dass uns dies so gelungen ist, ist ein Verdienst von uns allen, auf den wir stolz sein sollten.“ zeigt sich das Stadtoberhaupt dennoch zuversichtlich, auch ohne Kreissitz.