Landkreis Leipzig. Die Landesdirektion hat ein innovatives Projekt im Rahmen der so genannten »Experimentierklausel« des Sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz (SächsBRKG) genehmigt.
Anfang Februar 2025 kann der Landkreis Leipzig somit mit der Erprobung von drei Sonderkrankenkraftwagen beginnen, die unter anderem die Hilfsfristen in der Notfallrettung verbessern sollen.
„Die Erwartungen der Bevölkerung an die medizinische Versorgung verändern sich“, so Béla Bélafi, Präsident der Landesdirektion Sachsen. „Immer häufiger werden medizinische Versorgungsfälle fälschlicherweise als Notfälle eingestuft. Die Folge ist, dass Rettungswagen, obwohl dies nicht nötig ist, zunehmend auch für nicht lebensbedrohliche Fälle eingesetzt werden müssen. Dadurch können die festgelegten Hilfsfristen oft nicht eingehalten werden. Das Projekt des Landkreises Leipzig ist ein erster wichtiger Schritt, um dieser Entwicklung mit gezielten und innovativen Maßnahmen zu begegnen. Denn während den Patienten unterhalb der Notfallschwelle mit den Sonderkrankenkraftwagen effizient geholfen werden kann, stehen mehr Rettungswagen für die Menschen mit lebensbedrohlichen Diagnosen zur Verfügung. Häufig ist das für die Lebensrettung ganz entscheidend“, so Bélafi weiter.
Mittlerweile erfüllen laut Landesdirektion im Landkreis Leipzig pro Jahr weniger als 40 Prozent aller Notfallrettungseinsätze die gesetzlichen Anforderungen an eine Notfallrettung.
Um dieser Entwicklung entgegen zu wirken, sollen in den drei Mittelzentren Wurzen, Grimma und Borna künftig drei Sonderkrankenkraftwagen eingesetzt werden. Das Modellprojekt erprobt, wie medizinische Versorgung außerhalb der gesetzlichen Notfallrettung sichergestellt werden kann.
Die Ausstattung des Sonderkrankenkraftwagens orientiert sich an der Ausstattung eines Rettungswagens. Entscheidend sei aber die abweichende Besatzung: Während im herkömmlichen Rettungswagen mindestens ein Rettungssanitäter und ein Notfallsanitäter zum Einsatz kommen, fahren im Sonderkrankenkraftwagen zwei Rettungssanitäter mit mindestens dreijähriger Berufserfahrung mit. Die Sonderkrankenkraftwagen sind daher auch nicht für Fälle der Notfallrettung gedacht, die eine Durchführung lebensrettender Maßnahmen am Patienten und die Herstellung der Transportfähigkeit erfordern. Sie sollen für minderschwere Einsätze vorgehalten werden, für die nicht zwingend ein Notfallsanitäter benötigt wird. Die Entscheidung, ob ein Einsatz der Notfallrettung vorliegt oder die Betroffenen stattdessen auch von einem Sonderkrankenkraftwagen versorgt werden können, trifft dabei die Integrierte Regionalleitstelle im Einzelfall.
Als Sonderkrankenkraftwagen werden drei im Landkreis bereits verfügbare Rettungswagen genutzt. Da die Auslastung der vorgehaltenen Krankentransportwagen im Landkreis Leipzig in den Jahren 2021 bis 2023 durchschnittlich nur 59 Prozent betrug, können die hieraus resultierenden freien Personalkapazitäten im Rahmen des Projektes genutzt werden, um medizinische Versorgungsanforderungen außerhalb der gesetzlich definierten Notfallrettung sicherzustellen. Darüber hinaus soll durch die verbesserte Auslastung der Krankentransportwagen die Wirtschaftlichkeit des Rettungswesens im Landkreis Leipzig erhöht werden.
Die Umsetzung des Projektes erfolgt seitens des Landkreises damit insgesamt kostenneutral mit vorhandenen Kräften und Mitteln. Nach einer kurzen Vorlaufphase startet im Landkreis nun das bis zum 31. Dezember 2026 ausgelegte Projekt. Begleitet wird das Vorhaben von einer Arbeitsgruppe, die aus Vertretern des Landkreises Leipzig als Rettungsdienstträger, der Integrierten Regionalleitstelle Leipzig, der Kostenträger, der betroffenen Leistungserbringer und der Landesdirektion Sachsen besteht.
Hintergrund: »Experimentierklausel« für innovative Ansätze im Rettungsdienst
Anfang 2024 trat die Neufassung des Sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz (SächsBRKG) in Kraft. Mit der seitdem neu im Gesetz verankerten Experimentierklausel werden Modellprojekte ermöglicht, um innovative Konzepte zur Verbesserung der rettungsdienstlichen Versorgung testen zu können. Ende Oktober 2024 hatte der Landkreis Leipzig einen entsprechenden Genehmigungsantrag für das Projekt bei der Landesdirektion Sachsen gestellt. Die Landesdirektion Sachsen hatte hierfür mit Bescheid vom 18. November 2024 die erforderliche Genehmigung erteilt.