Die Wut sitzt tief: Tausende Menschen bei Bürgerprotest in Grimma

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Fotos: Sören Müller

Grimma. Tausende Menschen folgten dem Protestaufruf von Dachdeckermeister Johannes Heine am Dienstagabend. Als Überraschungsgast war Ministerpräsident Michael Kretschmer auf dem Marktplatz frostig empfangen worden.

„Energie statt Ideologie“, war das Motto einer Demonstration am Dienstagabend in Grimma. Laut Polizei folgten dem Protestaufruf gut 1500 Menschen, laut Beobachtern und  eigenen Schätzungen könnte durchaus die 3000er Marke überschritten worden sein. Zahlreiche Redner aus der Lokalpolitik teilten die Sorgen der Menschen und richteten dringliche Appelle an die Bundesregierung, dass beispielsweise Energie für alle Verbraucher sicher und bezahlbar zur Verfügung stehen müssen, Menschen jetzt Hilfe brauchen oder eben auch die Bürokratie gerade für Kommunen immer schlimmer werde.

Man habe sich bewusst für den Dienstag entschieden „um sich von den sogenannten „Montagsspaziergängen“ der rechtsextremen Freie Sachsen abzugrenzen.“, so Heine im Vorfeld der Veranstaltung. Trotz mehrfacher Ansprachen über das Veranstaltungsmikro gelang das nicht in Gänze, denn die rechtsextreme Kleinstpartei hatte ebenfalls eine Versammlung vor dem Standesamt angemeldet und dessen Teilnehmer sickerten in die Veranstaltung auf dem Markt ein. Möglicherweise ein Kalkül, denn deren Stand am Standesamt war schlagartig nahezu verwaist. Schon zu Beginn kam es zu einem einzelnen Ruf eines Anhängers der Kleinstpartei: „Stürzt die Regierung“. Oberbürgermeister Matthias Berger erinnerte daran, dass die Veranstaltung auf demokratischen Füßen stehe und forderte die Freien Sachsen auf, die Versammlung nicht weiter zu stören. Dem wurde weitgehend und vorerst auch Folge geleistet, trotzdem waren Reichsfahnen, Fahnen und Banner vom „Königreich Sachsen“ zu sehen.

Auch mindestens eine Reichsfahne war zu sehen.

Ministerpräsident Michael Kretschmer kam später auf der Bühne auch zu Wort und hatte es schwer. Er wurde mit lautstarken Buhrufen vornehmlich aus Richtung der Anhänger der Kleinstpartei ausgepfiffen, die den Bürgerprotest versuchten gegen Kretschmer anzuheizen. „Ich höre und sie alle hören diese Schreihälse, die heute den ganzen Tag schon mobilisiert haben“, watschte Kretschmer die Freien Sachsen während seiner Rede ab. „Die Freien Sachsen haben den ganzen Tag über behauptet, die Menschen, die heute hierherkommen, werden wie zu DDR-Zeiten von der SED hierher gebracht. Ich finde das unsäglich. Das müssen wir uns alle, das müssen Sie sich nicht gefallen lassen.“ Dafür gabs mehrheitlich Applaus. Von Teilnehmern des Protestes waren verschiedene Meinungen zu Kretschmers Besuch in der Kleinstadt an der Mulde zu hören. Von „mutig“ über „bürgernah“ bis hin zu „Heuchler“ und „Regierungsbüddel“ war vieles dabei.

Das Protest-Fazit der Teilnehmer selbst war vielfach positiv: „endlich ein neutraler Protest“ ohne „links oder rechts“ wurde mehrfach den Veranstaltern bescheinigt. Johannes Heine, welcher auch 1989  auf dem Ring in Leipzig keine Demo verpasste, beendete schließlich pünktlich die friedlich abgelaufene Demo mit den Worten: „Ich höre in den letzten Tagen oft ein lautes „Wir sind das Volk“ aber wir, die schweigende Mehrheit, wir sind das Volk! und wir sollten lauter werden“. Dafür erntete er großen Applaus.