
Mutzschen. In Zeiten von Aufbackstationen und industrieller Massenproduktion gibt es sie noch – die Bäckereien, in denen echtes Handwerk lebt. Eine davon befindet sich im sächsischen Mutzschen: die Traditionsbäckerei Schneider, geführt von Bäckermeister Andreas Schneider, mittlerweile in dritter Generation.
Gegründet wurde die Bäckerei bereits 1923 von Erhardt Schneider, dem Großvater des heutigen Inhabers. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm Heinz Schneider den Familienbetrieb und führte ihn bis 1991 fort. „Ich habe schon als junger Kerl mitgearbeitet – das Bäckerhandwerk liegt mir im Blut“, erinnert sich Andreas Schneider.

Doch nach der Wiedervereinigung wurde es still in der Backstube. Erst 2021, also 30 Jahre später, sollte die Tradition wieder aufleben – zunächst aus einer spontanen Idee und Gesprächen mit dem Mutzschener Bauhof und Familie Weigelt. „Ich hab mich überzeugen lassen und ging sofort in die Spur“, erzählt der heute 61-Jährige schmunzelnd.
Vieles in der alten Backstube war noch vorhanden. Alte Maschinen, Formen und der kohlebeheizte Dampfbackofen seines Vaters – ein echtes Stück Bäckereigeschichte. Was fehlte, konnte Schneider dank Unterstützung anderer Handwerksbetriebe ergänzen. „Eine große Hilfe war die Firma Gährkörbchen Pfütze aus Fremdiswalde“, so Schneider. Nach aufwendigen Modernisierungen und einigen Investitionen konnten schließlich auch die heutigen Hygiene- und Sicherheitsstandards erfüllt werden – der Neuanfang war geschafft.
Heute umfasst das Sortiment klassische Brote und Brötchen ebenso wie Konditorwaren nach alten DDR-Rezepten. Zu besonderen Zeiten gibt es auch Stollen und Lebkuchen – alles hausgemacht, mit natürlichen Zutaten und ohne unnötige Zusätze. Bestellt wird noch ganz traditionell: per Bestellzettel oder telefonisch (034385/88230 oder 0171/3249689).
Einmal im Monat findet der große Backtag statt. Dann verwandeln Andreas und seine Frau Kerstin, die beide noch hauptberuflich tätig sind, ihr Haus in eine duftende Backstube. „Wir beginnen schon am Vortag mit den Vorbereitungen und backen dann die ganze Nacht durch“, erzählt Schneider. Am Sonntagmorgen können die Kunden ihre ofenfrischen Waren abholen – ein Ritual, das sich inzwischen zu einem kleinen Dorffest entwickelt hat.
Dass die Idee gut ankommt, zeigt nicht nur die stetig wachsende Kundschaft. Auch Kindergarten- und Grundschulgruppen besuchen regelmäßig die kleine Bäckerei, um das traditionelle Handwerk kennenzulernen. „Solange es die Gesundheit zulässt, will ich weitermachen“, sagt Andreas Schneider entschlossen.

In einer Welt, die immer schneller und digitaler wird, ist die Bäckerei Schneider ein Stück gelebte Geschichte – und ein Beweis dafür, dass echtes Handwerk und Leidenschaft niemals aus der Mode kommen.