Nerchau. Am Abend des 2. September war in Nerchau nur eines Thema: die Zukunft des Ortsteils. Das Stadtentwicklungsamt begleitete zahlreiche Interessierte gemeinsam mit der Stadtentwicklungsgesellschaft, die STEG, und Oberbürgermeister Tino Kießig durch die Bürgerveranstaltung.
Der für circa 170 Personen bestuhlte große Saal im Nerchauer Bürgerzentrum füllte sich zügig. Die rege Teilnahme an der vorausgegangenen Umfrage mit knapp 400 Teilnehmern ließ bereits großes Interesse an der Veranstaltung erwarten. Nach kurzer Eröffnung des Abends durch den Oberbürgermeister folgte ein Fachvortrag der STEG zur Städtebauförderung sowie die Auswertung der Umfrage.
Der Großteil der Teilnehmer befindet sich im erwerbsfähigen Alter und wohnt in Nerchau. Circa 60 Prozent sind Eigentümer eines Wohn- oder Geschäftshauses, wobei bei 40 Prozent von ihnen privates Sanierungsinteresse an Dach oder Fassade besteht. Die Städtebauförderung bietet die Möglichkeit private Vorhaben innerhalb der Gebietskulisse mit bis zu 25 Prozent zu fördern. Die Beurteilung der Entwicklung Nerchaus in den vergangenen zehn Jahren wurde überwiegend als unverändert und negativ beschrieben. Diese Einschätzung verdeutlicht den großen Handlungsbedarf. In der Umfrage wurden bereits Maßnahmen vorgeschlagen, welche nach ihrer Wichtigkeit bewertet werden sollten. Besonders wichtig für die Nerchauer sind die Sanierung der Turnhalle und des Kulturhauses. Auch die Schaffung eines Veranstaltungsplatzes und eines Bürger-Mitmachfonds für kleinteilige Maßnahmen stechen hervor. Begrünungsmaßnahmen, der Gänsemarkt und die Nerchauer Hauptstraße befinden sich im Mittelfeld. Die Um- und Neugestaltung des Bahnhofsparks oder die Aufwertung des Saumarktes sind weniger priorisiert.
Ideen, Wünsche und Anregungen der Nerchauerinnen und Nerchauer
Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand der offene Austausch zwischen der Stadtverwaltung und den Einwohnern. Bereits im Voraus haben sich drei Themenschwerpunkte herauskristallisiert, zu denen es ins nähere Gespräch ging. Neben „Wohnen, Gewerbe und Versorgung“ sind „Grün, Umwelt und Mobilität“ wichtige Bereiche. Beide Themenkomplexe bieten Raum für das dritte Thema: „Miteinander, Kultur und Freizeit“. Nicht nur die Potentiale und Erwartungen an den Ortsteil, auch das Erfassen und Aufzeigen sogenannter städtebaulicher Missstände spielt bei der Antragsstellung für die Städtebauförderung eine wichtige Rolle. Aus den verschiedenen Anregungen und Vorschlägen werden nun priorisierte Maßnahmen entwickelt, welche in den nächsten 15 Jahren Programmlaufzeit umgesetzt werden können. Die Einzelmaßnahmen stellen den Schwerpunkt des städtebaulichen Entwicklungskonzeptes dar, welches im Dezember bei der Bewilligungsstelle eingereicht werden soll. Zuvor muss das Konzept mit dazu- gehöriger Gebietskulisse im Stadtrat beschlossen werden. Die Stadtverwaltung Grimma bedankt sich bei den zahlreichen Teilnehmern für den konstruktiven und ideenreichen Abend. Nach erfolgreicher Antragsstellung im Dezember diesen Jahres hofft die Stadt Grimma auf die Aufnahme in ein Programm der Städtebauförderung für den Ortsteil Nerchau im Jahr 2026.
Bürgerbeteiligung als Schlüssel zum Erfolg
Um eine fundierte und breit getragene Entscheidungsgrundlage zu schaffen, startete das Stadtentwicklungsamt Grimma im Sommer 2025 eine erste Bürgerumfrage. Sie richtete sich an alle Einwohnerinnen und Einwohner Nerchaus sowie an Menschen, die einen engen Bezug zum Ortsteil haben – etwa durch Arbeit, familiäre Bindungen oder die Nutzung von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen. Die Grundlage für den Förderantrag bildet ein umrissenes Stadtentwicklungsgebiet, ergänzt durch eine Liste konkreter Maßnahmen. Oberbürgermeister Tino Kießig macht deutlich: „Wir wollen die Menschen vor Ort von Anfang an mitnehmen. Ihre Ideen und Anregungen sind essenziell für die Gestaltung der kommenden Jahre in Nerchau.“
Plätze mit Potenzial: Ideen für öffentliche Räume
Im Zentrum der Überlegungen stehen zentrale öffentliche Orte wie der Gänsemarkt, der Saumarkt, die Nerchauer Hauptstraße oder der Bahnhofspark. Diese sollen nicht nur funktional, sondern auch gestalterisch deutlich aufgewertet werden. Zudem rücken mehrere Einzelprojekte in den Fokus im Zuge der Erstellung eines Priorisierungskatalogs: Darunter die mögliche Wiederbelebung des ehemaligen Kulturhauses, die zukünftige Situation von Feuerwehr und Turnhalle sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität. Auch Themen wie Begrünung, Ortsgestaltung, touristische Impulse und mehr Leben im öffentlichen Raum könnten Teil des Gesamtkonzepts werden.
Private Sanierungen können gefördert werden
Auch Hauseigentümerinnen und -eigentümer können von der Städtebauförderung profitieren. Wer innerhalb der kommenden zehn Jahre Sanierungen plant – beispielsweise an Dach oder Fassade – hat die Chance, Fördermittel in Höhe von bis zu 25 Prozent zu erhalten. Die Stadt Grimma bittet daher um Rückmeldung: Besteht grundsätzlich Interesse an privaten Investitionen?
Die Städtebauförderung bietet eine große Chance für Nerchau, den einwohnerstärksten Ortsteil außerhalb der Grimmaer Kernstadt.
Hintergrund:
Die Stadt Grimma plant, im Dezember 2025 einen Förderantrag im Rahmen der Städtebauförderung von Bund und Land für den Ortsteil Nerchau einzureichen. Ziel ist es, gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern die Lebensqualität vor Ort nachhaltig zu verbessern und Nerchau als lebendigen, zukunftsfähigen Stadtteil weiterzuentwickeln.
Im Rahmen der Städtebauförderung auf Bundes- und Landesebene möchte die Stadt Grimma den Ortsteil Nerchau städtebaulich und funktional aufwerten. Hierfür soll Ende des Jahres der Fördermittelantrag gestellt werden. Grundlage für diesen Antrag stellt eine Gebietskulisse sowie die Benennung verschiedener Einzelmaßnahmen dar. Diese werden gemeinsam mit dem Ortschaftsrat Nerchau sowie durch verschiedene Bürgerbeteiligungsformate eruiert. Bis Dezember soll das endgültige Handlungskonzept mit allen Einzelmaßnahmen vom Stadtrat verabschiedet und bei der Sächsischen Aufbaubank eingereicht werden. Das Stadtentwicklungsamt bereitet derzeit mit der STEG Stadtentwicklung GmbH aus Dresden das umfangreiche Antragsverfahren für eine Aufnahme in ein Programm der Städtebauförderung vor. Nach der vorangegangenen Umfrage sollen Anfang September die geplanten Einzelvorhaben mit den Einwohnern Nerchaus in einer öffentlichen Beteiligungsrunde besprochen werden. Die Ziele der Städtebauförderung liegen beim Klimaschutz sowie bei der Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Belebung. Aufgabe der Städtebauförderung hierbei ist die Behebung städtebaulicher Missstände oder Funktionsverluste innerhalb einer Gebietskulisse. Maßnahmen zur Grünentwicklung von öffentlichen Räumen und die Schaffung neuer gemeindlicher Zentren sind weit oben fixiert. Die jährlichen Programme der Städtebauförderung bieten Kommunen in Sachsen mit einer Förderquote von 2/3 Prozent die Möglichkeit, Stadtquartiere mit einem Aufwertungs- und Entwicklungsbedarf finanziell zu unterstützen und somit eine zukunftsfähige Stadtentwicklung voranzutreiben. Die Städte und Gemeinden für alle Bevölkerungsgruppen lebenswert, attraktiv und anpassungsfähig für künftige Aufgaben zu erhalten, ist eine fortwährende Aufgabe.