Der 1. September 2024 wird wohl in die Geschichtsbücher eingehen: Die achte Wahl zum Sächsischen Landtag gewann zwar die CDU mit 31,9 Prozent, verlor jedoch 0,2 Prozent. Der große Gewinner waren die AfD und das Bündnis Sarah Wagenknecht: Die AfD landete mit einem Plus von 3,1 Prozent auf Platz 2 und erreichte 30,6 Prozent, während das Bündnis Sarah Wagenknecht beim Erstantritt mit 11,8 Prozent auf Platz 3 sprang. Dahinter folgten die SPD (7,3 Prozent / – 0,4 Prozent), die Grünen (5,1 Prozent / – 3,5 Prozent) und die Linke (4,5 Prozent / – 5,9 Prozent). Die sogenannte Kenia Koalition (Schwarz / Grün / Rot) hat eine Niederlage erlitten. Und mit Blick auf die neue Mandatsverteilung wird es die CDU schwer haben, eine stabile Mehrheit zu finden.
Nun ist Geduld gefragt: Regierungsbildung wird genauso lange dauern wie anfangs befürchtet
Heutzutage wird alles schneller: Die Digitalisierung hat dazu beigetragen, dass einige Prozesse so schnell wie noch nie abgeschlossen werden können. Heutzutage muss man keinen Termin bei seinem Bankberater ausmachen, sondern kann das favorisierte Produkt online abschließen – ganz egal, ob eine Bankfiliale geöffnet hat oder nicht. Versicherungen sind ebenfalls gleich abgeschlossen: Der Vergleich, um das beste Angebot zu finden, geschieht online über ein Vergleichsportal – schon hat man die beste Auto- oder Haushaltsversicherung abgeschlossen. Auch die Glücksspielbranche hat sich verändert: Musste man vor ein paar Jahren noch in die nächste Spielbank fahren, dabei auf Öffnungszeiten und Dresscode achten, kann man heute im Casino ohne Verifizierung sofort das Glück auf die Probe stellen. Tatsächlich ist es in vielen Bereichen nicht mehr notwendig, geduldig zu sein – auch Warten ist nicht mehr erforderlich: Vor Jahren musste man noch warten, bis der gewünschte Film im Fernsehen lief, heute wird er über Netflix innerhalb von Sekunden abgerufen. Anders sieht die Sache in der Politik aus: Hier gehört das Warten noch immer zur Tagesordnung. Der beste Beweis dafür ist die Regierungsbildung in Sachsen.
Noch ist die alte Regierung im Amt. Die neuen Kräfteverhältnisse sind aber schon sichtbar. Es mag zwar schwierig werden, eine neue Regierung zu bilden, die Mehrheit im Land ist aber zuversichtlich: 59 Prozent sind der Meinung, die neue Landesregierung wird noch vor dem Jahreswechsel feststehen. Ein Drittel, rund 36 Prozent, ist skeptisch.
Wie geht es jetzt weiter?
Dass der Großteil der Befragten der Meinung ist, eine neue Regierung wäre noch in diesem Jahr wünschenswert, ist keine Ãœberraschung. Schließlich sollen die neu gewählten Mandatare bzw. Funktionäre der nächsten Landesregierung ihre Arbeit aufnehmen können. Vor allem geht es auch darum, die bereits vorhandene Unsicherheit in Sachsen unter Kontrolle zu bringen – je länger die Politiker uneinig sind, umso größer werden die Probleme im Bundesland werden. Im Landkreiß Meißen war Sybille, 64 Jahre alt, wahlberechtigt – sie hat ihre Stimme abgegeben. Wen sie wählt, verrät sie nicht. Aber sie ist der Ãœberzeugung, man müsse mit Sarah Wagenknecht ebenso Gespräche führen. „Den AfD-Wählern muss etwas geboten werden, sonst wird im System keine Ruhe einkehren“, ist sie überzeugt.
Ina, 61 Jahre alt, war im Landkreis Zwickau wählen. Ihr ist wichtig, dass die Koalition schnell steht. So schreibt sie etwa im Internet: „Eine handlungsfähige Regierung ist essenziell! Ich möchte, dass sich alle Beteiligten darüber im Klaren sind und ihre Verantwortung ernst nehmen. Und ich habe Hoffnung, dass die CDU dies moderieren kann!“
CDU ist stimmenstärkste Partei, die aktuelle Regierung hat jedoch keine Mehrheit mehr
Die CDU mit Ministerpräsident Michael Kretschmer hat zwar die Wahl gewonnen, dennoch wurde die Regierung abgewählt: Es gibt keine Mehrheit mehr mit der SPD und den Grünen – nun ist man auf das Bündnis Sarah Wagenknecht angewiesen. Oder auf die AfD. Doch die Grundstimmung ist klar: Keine AfD in der Regierung. Die ersten Gespräche zwischen der CDU, der SPD und der BSW wurden bereits geführt. Informationen darüber, worüber geredet wurde und was der Plan sei, gibt es noch nicht.
Vor allem steht fest: Die AfD mag zwar in Sachsen als rechtsextremistisch gelten, dennoch wurde sie von über 30 Prozent gewählt, sodass es schwer ist, eine Regierung ohne der AfD zu schaffen. Der CDU-Beschluss der Basis, nicht mit der AfD zu koalieren, besteht noch immer. Diesmal wird es der CDU auch gelingen – aber wie es dann nach der nächsten Wahl aussieht, wenn die Regierung genauso versagt wie die vorherige Kenia-Koalition, daran will man in Sachsen nicht denken. Jedoch besteht durchaus die Gefahr, dass die AfD, wie in Thüringen, die stimmenstärkste Partei wird. Und wird die AfD einmal so stark, dass man sie nicht mehr ausschließen kann, wird sie der Landesregierung angehören müssen. Â