Nerchau. Karli ist schusselig. Er vergisst beim Händewaschen die Seife und will sich an der Hose abtrocknen. Die Kinder sagen ihm genau, wie das mit der Hygiene jetzt laufen soll und was sonst noch zu beachten ist: „Abstand halten, Mundschutz tragen – wegen Corona!“, rufen sie ihm zu. Karli ist eine Handpuppe, die im Morgenkreis der Nerchauer Diakonie-Kita „Hand in Hand“ zum Einsatz kommt.
Seit zwei Wochen läuft hier wie in anderen sächsischen Kitas ein so genannter eingeschränkter Regelbetrieb. Das bedeutet, dass Karli gelegentlich Mundschutz trägt. Außerdem gibt es Experimente mit Pfeffer oder rosa Glitzerstaub. Die Kinder sehen dabei, dass Viren an den Händen kleben bleiben und dass man ihnen mit Seife an den Kragen gehen kann.
Es bedeutet auch getrennte Gruppen, reduzierte Öffnungszeiten, mehr Bürokratie sowie feste Bring- und Abholtermine. Eltern dürfen den Kindergarten nicht betreten. Am Tor verabschiedet sich gerade Gunnar Klose von seinem kleinen Richard, der ihn ganz doll drückt. „Es ist gut organisiert hier“, sagt der Vater zufrieden. Man merke gar nicht so viel Unterschied.
Ein schönes Lob ist das für Silke Müller und ihr Team, die mit viel Einsatz und kreativen Ideen das Beste aus der sehr speziellen Situation machen. So haben sie für die Übergabe gleich hinter dem Tor ein großes Pfadfinderzelt aufgebaut, das Schatten spendet und vor Regen schützt, Raum für Gespräche und Formulare, Roller und Rucksäcke gibt. Den Kindern haben sie alles gut erklärt und gemeinsam das unvermeidliche Absperrband gezogen sowie Stoppschilder bemalt. Die Trennung in zwei Gruppen funktioniert ganz gut, da sich die Hortkinder und die Größeren in einem Extra-Gebäude aufhalten können. Die Kolleginnen versuchen, die Zeit in der Kita so schön wie irgend möglich zu gestalten. Kindertag zum Beispiel muss trotz allem sein und die Feier mit Puppentheater, Eis, mitgebrachten Lieblingsfahrzeugen usw. dauert dieses Jahr gleich eine ganze Woche.
„Auf Dauer ist es kein angenehmes Arbeiten und läuft auch unserem Konzept zuwider, was den Kinder viel zutraut und deren Selbstständigkeit fördert“, erklärt die Leiterin. Normalerweise können und sollen die Kinder dort spielen, wo sie möchten. Jetzt muss immer jemand mit, wenn sie die Pinsel auswaschen oder sich etwas zu trinken holen. Der Große, der das Krippenkind an die Hand nimmt, der wichtige Austausch unter Kollegen, der enge Kontakt zu den Eltern, der Morgenkreis mit allen zusammen, das selbst angerichtete Vesperbuffet – all das kann zurzeit nicht stattfinden. „Es fehlt das Miteinander, das wir kennen, pflegen und lieben“, so Silke Müller. „Das ist nur begrenzte Zeit durchhaltbar, wir hoffen auf mehr Normalität.“ Auch die Kinder würden immer öfter von der Zeit „nach Corona“ reden: Wenn man endlich wieder gemeinsam Kuchen backen oder ein richtiges Sommerfest feiern kann und das Absperrband auf dem Spielplatz verschwindet.